Kommentar Flugverbot für Boeing 737: Sicher geht vor

Das von der EU und Deutschland verhängte Flugverbot ist eine richtige und angemessene Risikovorsorge. Auch wenn die USA bisher nicht mitziehen.

Eine Boeing 737 MAX 8 in der Nahaufnahme

In Europa aus dem Verkehr gezogen: die Boeing 737 MAX 8, hier eine geparkte Maschine in Indonesien Foto: reuters

Etlichen asiatische Ländern reichte eine einzige Tatsache für ein Flugverbot: Zwei neue Maschinen dieses Typs sind innerhalb weniger Monate kurz nach dem Start abgestürzt. Die Ursachen kennt niemand, es gibt viele Spekulationen und kaum Erkenntnisse. China, Indonesien und andere Länder haben mit Flugverboten für die 737 Max 8 und das Schwestermodell Max 9 eine Kettenreaktion ausgelöst. Mit einiger Verzögerung haben auch Deutschland und die EU ein Flugverbot erlassen. Die Botschaft von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: Im Zweifels für die Sicherheit.

Da hat der CSU-Politiker völlig recht. Das Flugverbot ist eine richtige und angemessene Risikovorsorge, gerade weil noch vieles unklar ist. Die Vorstellung, dass erst ein weiteres Unglück Gewissheit bringt, ist schockierend. Allerdings: Die jetzt an den Tag gelegte Risikovorsorge würde man sich gerade von der deutschen Bundesregierung generell wünschen.

Was ist mit den Risiken, die von dem Pestizid Glyphosat ausgehen? Die Krebsforschungsagentur der WHO hält das Mittel für „wahrscheinlich krebserregend“. Doch ­da­rauf reagiert die Regierung nicht. Was ist mit einem Tempolimit von 130 Kilometern auf deutschen Autobahnen? Es besteht kein Zweifel daran, dass es Menschenleben retten würde – umstritten ist nur, ob in zweistelliger oder in dreistelliger Zahl. Und? Nichts passiert.

Die US-amerikanischen Behörden haben auf ein Flugverbot für die Boeings verzichtet. Bis Redaktionsschluss haben sie es nicht erlassen, weil ihnen, anders als den Verantwortlichen in der EU, die Indizien für eine Gefahr nicht ausreichen. Die Rechte der Unternehmen haben dort einen höheren Stellenwert als die vorsorglichen Schutzinteressen der VerbraucherInnen.

Hier wird greifbar, wie fundamental unterschiedlich der Umgang mit Risiken dies- und jenseits des Atlantiks ist. Noch nie wurde so deutlich, wie recht die FreihandelskritikerInnen hatten, die gegen das Handelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA protestierten und bei der Neuauflage von TTIP light ­hoffentlich wieder auf die Straße gehen.

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