Kommentar Sanktionen für IS-Kämpfer: Ausbürgerung taugt nicht als Strafe

IS-Kämpfer sollen laut geplanter Regelung ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Mit dieser Art der Strafe sollten wir erst gar nicht anfangen.

Ein Pass in den "ungültig" gestanzt ist

Dieser Pass ist offenbar ungültig Foto: dpa

Die geplante Regelung über den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft für Kämpfer des „Islamischen Staates“ (IS) ist gefährlich. Sie wäre der Einstieg in ein allgemeines Ausbürgerungsrecht, wie man es eher aus diktatorischen Staaten kennt.

Die geplante Neuregelung soll so wirken, als ginge es nur um die Schließung einer kleinen Lücke. Schon bisher können Doppelstaatler die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren, wenn sie ohne Genehmigung in fremde Streitkräfte eintreten.

Für Kämpfer in Milizen wie dem IS gilt diese Regelung nach gängiger Rechtsauffassung nicht, weil die Dschihadistenmiliz trotz ihres Namens keine „Staatsqualität“ hat. Deshalb die Ergänzung um Kampfhandlungen für eine Terrormiliz. Ist doch fast das Gleiche, sollen wir denken. Heißt IS nicht sogar „Islamischer Staat“?

Aber es ist eben nicht ganz ähnlich. Die bisherige Regelung greift nämlich nur, wenn zum Beispiel ein Deutschnordkoreaner ohne Genehmigung Teil der nordkoreanischen Armee wird. Dann liegt in dieser Hinwendung zum zweiten Heimatland eine Abwendung von Deutschland, so die bisherige Gesetzeslogik.

Kein Heimatland, sondern Terrororganisation

Wenn aber ein Deutschtunesier für den IS kämpft, ist der IS eben nicht das zweite Heimatland, sondern eine Terrororganisation. Der Kampf für den IS wird mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit sanktioniert, weil er eine verbrecherische Handlung ist, die als Abkehr von den Werten der Bundesrepublik angesehen wird. Mit Tunesien hat das gar nichts zu tun. Die zweite Staatsbürgerschaft ist nur relevant, weil sie die Sanktion überhaupt ermöglicht, denn dann wird der Islamist nicht staatenlos.

Wer dieses Muster einmal akzeptiert, wird schnell noch viele andere Handlungen finden, die man als Abkehr von den Werten der Bundesrepublik einstufen könnte: etwa Mord oder Konsum von Kinderpornografie. Bei Doppelstaatlern könnte dann jeweils der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft festgestellt werden. Die Ausbürgerung würde zur zusätzlichen Strafe. Damit sollten wir erst gar nicht anfangen. Auch nicht bei Dschihadisten des IS.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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