Medizinstudierende fordern mehr Geld: Übermüdete Studis am Patienten

Mit einer Petition kämpfen Medizinstudierende gegen Ausbeutung im Praktischen Jahr. Sie müssten oft krank zur Arbeit ins Krankenhaus gehen.

Ein Student hält während einer Demo ein Schild hoch, auf dem „Danke für Nichts“ steht

Für mehr Geld und Schlaf: Am 16. Januar protestierten Medizinstudierende deutschlandweit Foto: bvmd

BERLIN taz | Das mit Klaviermusik unterlegte Video, mit dem die Medizinstudierenden für ihre Petition werben, schlägt einen melodramatischen Ton an: „Könnten Sie ruhig schlafen, wenn Sie trotz Vollzeitarbeit Ihre Miete nicht zahlen könnten?“, sagt eine Stimme aus dem Off. Was in der Petition beschrieben wird, klingt aber auch dramatisch, es klingt nach Ausbeutung.

Die von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland BVMD initiierte Petition, die schon über 107.000 Unterstützer*innen hat, fordert bessere Ausbildungsbedingungen während des Praktischen Jahres.

Im letzten Abschnitt des Studiums, der im Krankenhaus absolviert wird, sollen die Studierenden auf die eigenverantwortliche Tätigkeit als Ärzt*innen vorbereitet werden. Sie sehen sich jedoch oft als billige Stationshilfen eingesetzt und müssten sich mitunter auch krank oder übermüdet zur Arbeit schleppen.

„Fast 30 Prozent der Studierenden gehen neben der Vollzeitarbeit im Krankenhaus noch einem Nebenjob nach“, sagt Malte Debbert, Medizinstudent und Pressesprecher der BVMD. Die Kernforderung der Bundesvertretung der Medizinstudierenden ist daher eine Aufwandsentschädigung in Höhe des Bafög-Höchstsatzes.

Vollzeitarbeit ohne Bezahlung

Während des einjährigen Praktikums können die Krankenhäuser nach der derzeitigen Regelung freiwillig eine monatliche Vergütung von bis zu 735 Euro zahlen. Die meisten Krankenhäuser zahlen jedoch weniger, manche gar nichts.

Anlass der Petition Übermüdete Studis am Patienten

Das wollen die Initiatoren Eine Aufwandsentschädigung und mehr Schlaf

Das wollen sie nicht Immer nur Blut abnehmen

„Wenn wir nicht in der Lage sind, konzentriert zu lernen, betrifft das nicht nur uns Medizinstudierende, sondern auch die Leute, die behandelt werden“, gibt Debbert zu bedenken. Von wem das Geld kommen soll, sei bewusst nicht spezifiziert worden. „Krankenhäuser, Länder, Bund, das lassen wir offen. Wir wollen keine Bezahlung für die Arbeit, sondern eine Gewährleistung der Studienkapazitäten.“

Die BVMD listet noch weitere Forderungen für „ein faires Praktisches Jahr“ auf: Spinde und Arbeitskleidung, mehr Zeit für Lehreinheiten und Selbststudium, Zugang zu den Patientenverwaltungssystemen und die Gewährung von Krankheitstagen. Bislang dürfen die Studierenden 30 Fehltage sammeln; ob sie an diesen Tagen krank oder im Urlaub sind, ist egal.

Wenn die Petition in ein paar Tagen ausläuft, soll es in die Verhandlungen mit Politik, Universitäten und Krankenhäusern gehen. Für einen Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft DKG stellt die Petition „ein Zerrbild des Praktischen Jahres“ dar. Die meisten Lehrkrankenhäuser würden das Jahr bereits freiwillig vergüten. Zudem könne die Finanzierung des Studiums nicht Aufgabe der Krankenhäuser sein. Dafür gebe es Bafög, und ob das ausreiche, sei eine Frage, die nicht nur Medizinstudierende betreffe.

Die Berliner Charité, die den Studierenden nichts zahlt, argumentiert ähnlich. „Eine Bezahlung ist während des Studiums nicht vorgesehen.“ Auf die anderen Forderungen wolle man aber eingehen oder erfülle sie teilweise schon. So erhielten die Studierenden bereits ein kostenloses Mittagessen.

Die taz zahlt fürs Praktikum 200 Euro im Monat. Aber nun muss die Praktikantin, die den Text geschrieben hat, zum Kellnern.

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