Merkel auf der Sicherheitskonferenz: Lieber miteinander reden

Die Bundeskanzlerin wirbt in München für mehr Kooperationsbereitschaft in der Politik. Der Aplaus ist groß – außer bei US-Vize Mike Pence.

Der Saal der Sicherheitskonferenz mit Angela Merkel auf der Bühne auf drei großen Bildschirmen

Publikumsliebling: Angela Merkel am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz Foto: Reuters/Andreas Gebert

MÜNCHEN taz | Standing Ovations erhalten RednerInnen auf der Münchner Sicherheitskonferenz selten. Insofern war der Applaus für Angela Merkel am Samstagvormittag eine Besonderheit: Reihenweise standen die ZuhörerInnen aus Politik, Militär und Wirtschaft auf, nachdem die deutsche Kanzlerin ihren Beitrag beendet hatte. Zuvor hatte sie eine halbe Stunde lang über nahezu alle relevanten Konflikte der aktuellen Weltpolitik gesprochen – und dabei nur wenige Streitpunkte ausgelassen.

Im Zentrum ihrer Rede stand ein Appell für mehr Kooperationsbereitschaft in der internationalen Politik. Es sei besser, sich manchmal „in die Schuhe des anderen zu versetzen“ und nach „Win-Win-Lösungen“ zu schauen, als zu meinen, „alles alleine lösen zu können“. Als Beispiele für Probleme, die Zusammenarbeit erforderten, nannte sie unter anderem Fluchtbewegungen aus Krisenregionen, den Nuklear-Konflikt mit dem Iran und die Rüstungskontrolle nach der Aufkündigung des INF-Vertrags über das Verbot atomwaffenfähiger Mittelstreckenraketen in Europa.

Für das Scheitern des Vertrags machte Merkel alleine Russland verantwortlich. Nach „jahrelangen Vertragsverletzungen durch Russland“ sei die Kündigung des Vertrags durch die USA notwendig gewesen. Dennoch seien jetzt neue Verhandlungen über Rüstungskontrollmechanismen notwendig, nach Möglichkeit unter Teilnahme weiterer Staaten wie etwa China, das ebenfalls über Mittelstreckenraketen verfügt.

Für eine Doppelstrategie gegenüber Russland warb Merkel auch in anderen Bereichen. Neben Härte und Abschreckung seien auch hier Kooperationsangebote nötig. „Bewusst Russland auszuschließen, halte ich politisch für falsch“, sagte sie. Entsprechend verteidigte sie beispielsweise die geplante deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2.

Mehr Militär

Explizit führte Merkel aus, wie die Bundesregierung die militärische Komponente in der deutschen Außenpolitik ausgebaut hat – offenbar ein Versuch, den Vorwurf der USA zu entkräften, sich militärisch zu sehr zurückzuhalten. Merkel erwähnte den starken Anstieg der deutschen Rüstungsausgaben, Auslandseinsätze in Afghanistan und Mali sowie Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga im Nord-Irak. Diese seien für deutsche Verhältnisse „krass“ gewesen.

Gleichzeitig betonte Merkel, dass die Nato kein rein militärisches Bündnis sei, sondern auch ein politisches. „Wir brauchen die Nato als Stabilitätsanker in stürmischen Zeiten, wir brauchen sie als Wertegemeinschaft“, sagte sie. Auf den Abbau der Demokratie beim Nato-Mitglied Türkei ging sie allerdings nicht ein.

Nach Merkel sprach auf der Sicherheitskonferenz US-Vizepräsident Mike Pence. Er kritisierte Merkels Position zunächst, ohne sie explizit zu nennen. Unter anderem sprach er sich gegen Nord Stream 2 aus. Von den Nato-Mitgliedern forderte er, das Zwei-Prozent-Finanzierungsziel zu erfüllen. Seine Rede beendete er mit den Worten „God bless America“.

Auf der Sicherheitskonferenz treffen sich an diesem Wochenende über 600 PolitikerInnen, WirtschaftsvertreterInnen und Militärs. Die Konferenz dauert bis Sonntag. Für Samstagnachmittag ist in der Münchner Innenstadt eine Gegendemonstation angekündigt.

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