Staatliche Leistungen und Brexit: Neues Sozialsystem ist lahmgelegt

Das kontroverse „Universal Credit“ soll Großbritanniens Sozialleistungen bündeln. Doch es hakt mal wieder an vielen Stellen.

Eine Frau, Amber Rudd

Arbeitsministerin Amber Rudd (Archivbild aus dem Jahr 2016) Foto: dpa

LONDON taz | Die lange geplante und äußerst kontroverse ­Sanierung des britischen Sozialleistungsprogramms ist wieder lahmgelegt. Die konservative Arbeitsministerin Amber Rudd kündigte Änderungen am „Universal Credit“ (UC) genannten System an und will die weitere Umstellung darauf fürs Erste stoppen. Rudd sprach davon, dass das System „mehr Mitgefühl“ haben müsse und momentan noch nicht richtig funktioniere. Nach diesen Verbesserungen solle das neue Programm dennoch bis 2023 im ganzen Land eingeführt werden.

UC, eines der großen Projekte der seit 2010 konservativ geführten Regierung Großbritanniens, sollte sechs verschiedene Leistungen in einer einzigen monatlichen Auszahlung bündeln. Neben 8 Milliarden Pfund (9 Milliarden Euro) an Einsparungen sollte UC die Empfänger*Innen eigenverantwortlicher machen und so 300.000 Arbeitslosen zur Arbeit verhelfen.

Doch bereits 2013, also von Anfang an, gab es technologische und administrative Problemen. So blieb UC lange im Teststadium für nur wenige Zehntausend Menschen. Immer wieder traten Probleme auf – und es gab heftige Kritik.

Als problematisch erwies sich insbesondere eine sechswöchige Übergangslücke zwischen den alten Sozialleistungen und dem neuen System, sodass Menschen teilweise mittellos dastanden. Zudem sieht UC ein Limit vor, sodass Familien mit mehr als zwei Kindern bei weiterem Nachwuchs nicht noch zusätzliche Zahlungen für diesen bekommen. Letzteres soll sich ändern, erklärte Rudd jetzt.

Das Ministerium für Arbeit und Rente hat einen Gerichtsfall vor dem britischen High Court gegen vier alleinstehende Mütter verloren, die wegen UC „noch nicht einmal Socken für ihre Kinder kaufen konnten.

Das alles hängt womöglich mit den Brexit-Vorbereitungen zusammen: Derzeit laufen Verhandlungen mit der Labour-Partei und den Gewerkschaften, um Mays Brexit-Deal zu retten. Der zuständige parlamentarische Ausschuss bemängelte wiederholt UC und nannte Aspekte davon grausam.

Am Dienstag stimmt das britische Unterhaus über das von Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen ab – kaum jemand geht von einer Mehrheit für den Vertrag aus.

Obendrein hat das Ministerium für Arbeit und Rente gerade einen Gerichtsfall vor dem britischen High Court gegen vier alleinstehende Mütter verloren, die wegen UC „noch nicht einmal Socken für ihre Kinder kaufen konnten und auf Lebensmittel-Tafeln angewiesen waren“. Dabei ging es um die Methode, mit der die Höhe der Zahlungen berechnet wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.