Mehr Rüpel im Parlament

Im Abgeordnetenhaus ist der Ton seit der Wahl 2016 schärfer geworden. Der Grund: die AfD

Bei den Sitzungen des Abgeordnetenhauses ist der Ton rauer geworden. In den ersten beiden Jahren dieser Wahlperiode erteilten Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) oder seine Stellvertreter elf Ordnungsrufe, weil sich Abgeordnete danebenbenahmen. Zum Vergleich: In der gesamten fünfjährigen Legislatur davor gab es lediglich neun Ordnungsrufe.

Spitzenreiter in der aktuellen Sitzungsperiode ist nach Angaben der Parlamentsverwaltung die AfD mit vier Ordnungsrufen. Je zwei Mal waren die Grünen sowie der fraktionslose AfD-Politiker Andreas Wild die Adressaten. Je ein Ordnungsruf betraf Politiker von CDU, SPD und Linke. Die FDP, in manchen Debatten ebenfalls alles andere als brav, kassierte noch keinen Ordnungsruf.

Das Präsidium des Parlaments greift beispielsweise zu dem Instrument, wenn Abgeordnete unangemessen provozieren, Schimpfworte verwenden oder andere beleidigen. Wild kassierte Ende November gleich zwei Ordnungsrufe, weil er im Plenum eine blaue Kornblume am Revers seines Jacketts trug – von 1933 und 1938 in Österreich Erkennungszeichen der damals dort verbotenen Nationalsozialisten.

Die Folgen der Ordnungsrufe sind allerdings überschaubar. Laut Geschäftsordnung kann einem Abgeordneten das Wort entzogen werden, wenn er in der Debatte über ein Thema dreimal zur Ordnung gerufen wird. Völlig ohne Konsequenzen bleiben Rügen, Ermahnungen oder Hinweise, von denen bisher rund 40 gezählt wurden. Diese Instrumente kommen zum Beispiel dann zum Tragen, wenn ein Abgeordneter nicht zum Thema spricht oder in der Fragestunde zu einem Monolog anhebt, statt wie vorgeschrieben eine Frage an die anwesenden Senatoren zu stellen.

Generell gehen Beobachter davon aus, dass es im Berliner Parlament in dieser Wahlperiode verbal etwas ruppiger zugeht als früher. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es mehr Fraktionen gibt und eine stärkere Polarisierung zwischen Regierungs- und Oppositionslager mit der AfD als neuer Kraft. (dpa)