Kommentar Wahlen in Ostjerusalem: Ein Boykott ist keine Lösung

Es sieht schlimm aus in Ostjerusalem. Das wird sich so bald nicht ändern. Doch Schuld daran sind die dort lebenden Palästinenser selbst.

Mahmud Abbas gestikuliert

Wie sehr liegt Mahmud Abbas das Wohl seiner Bürger am Herzen? Foto: reuters

Jerusalems Palästinenser können stolz auf sich sein. Mit dem Boykott der Kommunalwahlen haben sie eine weitere Schlacht um die Stadt ruhmreich geschlagen. Niemals werden sie sich der Besatzung ergeben. Nicht sie, wo sie doch in vorderster Front stehen, Jerusalem zu bewahren, wie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas es ihnen versichert, ebenso wie der Mufti, Scheich Mohammed Hussein, der sie per Fatwa zusätzlich zum Boykott anhielt. Wer doch zur Wahl geht, den wird Allah bestrafen, so die Botschaft des Muftis. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Fest steht, dass das Leben all jene bestrafen wird, die nicht zur Wahl gingen.

Es sieht schlimm aus in Ostjerusalem. Die Straßen sind kaputt und vermüllt, hunderte Häuser sind unmittelbar vom Abriss bedroht, vor allem aber fehlt es an Schulklassen. Dass sich daran in den kommenden Jahren nichts ändern, ja, dass sich die Lage eher noch verschlimmern wird, geht auf das Konto von Abbas, des Muftis und der Ostjerusalemer selbst. 37 Prozent der Bürger Jerusalems sind Palästinenser, die auf Kommunalebene wahlberechtigt sind und damit theoretisch sogar den Bürgermeister hätten stellen können, wären sie sich nur einig gewesen und hätten ihr demokratisches Recht wahrgenommen, anstatt auf ihre skrupellose politische und religiöse Führung zu hören, die selbst den Preis nicht zahlen muss.

Jüdische Kommunalpolitiker im Westen von Jerusalem treiben eine Judaisierung der Stadt voran. Palästinenser müssen Regeln einhalten, wenn sie den Status als Bürger Jerusalems behalten wollen. Regeln, die für ihre jüdischen Mitbewohner nicht gelten. Während der Bau neuer Wohnungen in den israelischen Siedlungen in Ostjerusalem lebhaft voranschreitet, gilt es als riesige Ausnahme, wenn ein Araber in der Stadt ein Haus bauen darf.

Zudem gibt es Pläne, komplette Bezirke aus dem Einzugsbereich Jerusalems zu entfernen. Der Kampf um die Stadt kann nicht mit Boykotten gewonnen werden. An den Kommunalwahlen nicht teilzunehmen, war nicht ehrenwert, sondern feige. Die Palästinenser in Ostjerusalem sind Abbas, dem Mufti und ihrer Not ergeben. Selbst schuld.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.