Kommentar Kohlekommission: Zeit für neues Denken

Innovation statt sinnloser Straßen: Die Kohlekommission steht vor einer großen Aufgabe. Sie muss das Allgemeinwohl neu definieren.

Maschine zur Kohleförderung

Gemeinwohl wegbaggern: Kohleförderung in der Lausitz Foto: dpa

Die „Kohlekommission“ hat einen Zwischenbericht vorgelegt, aber die wirkliche Arbeit geht jetzt erst los. Die Mitglieder, von Öko-Verbänden bis Bergbau-Gewerkschaften und Betroffene aus den Regionen, haben sich auf die Instrumente geeinigt, mit denen vor allem in der Lausitz und im rheinischen Revier der Strukturwandel abgefedert werden soll: Milliarden für neue Straßen und Schienen, Forschungsinstitute, schnelles Internet, Jobs bei Bundesbehörden.

Wann und was genau davon umgesetzt wird, darum wird es in den nächsten sechs Wochen gehen. Und das hängt damit zusammen, wie schnell die Abschaltung der Kraftwerke geplant ist. Da muss die Öko-Seite sehr vorsichtig sein, dass sie nicht über den Tisch gezogen wird, während andererseits sehr viel Steuergeld ausgekippt wird. Denn die Forderungen der Kohleländer sind völlig überzogen: Mit 60 Milliarden Euro wollen sie sich den Strukturwandel finanzieren lassen und Straßen auch da bauen, wo niemand fährt.

Die Kommission soll eigentlich nur ausgleichen, was für den Klimaschutz schneller als geplant passiert – und nicht das ohnehin geplante Auslaufen der Tagebaue und das Ende alter Kraftwerke vergolden. Sachsen-Anhalt etwa schreit am lautesten. Das ist verständlich, wenn man die wirtschaftlichen und sozialen Probleme und die Gefahr durch die AfD sieht. Aber die Tagebaue dort laufen 2035 ohnehin aus. Warum sollte es also zusätzliche Bundeshilfen geben, wenn der gesamtdeutsche Ausstieg für diese Zeit festgelegt wird?

Bei der Abwägung rund um die Entschädigungen wird viel vom „Allgemeinwohl“ die Rede sein. Dieser Begriff wird bislang auch von den Gerichten immer zu Gunsten der Kohle ausgelegt. Denn die Tagebaue sicherten über Jahrzehnte die Stromversorgung und nützten deshalb der Gemeinschaft. Damit ist bald Schluss: Immer mehr sind intelligent vernetzte erneuerbare Energien, Speicher und das europäische Netz in der Lage, den dreckigen Kohlestrom zu ersetzen.

Die Kommission sollte deshalb anders als bisher auf das „Allgemeinwohl“ blicken: Einmal, weil dem Gemeinwesen nur gedient ist, wenn die Steuermilliarden in den Regionen für nachhaltige Mobilität, zukunftsfähige Forschungsinstitute und innovative Firmen ausgegeben werden – und nicht, wenn sie blind im Beton sinnloser Straßen versenkt werden. Und zweitens, weil nichts für das Allgemeinwohl wichtiger sein wird als ein effektiver Klimaschutz über ein möglichst schnelles Aus für die Kohle.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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