Lange währt gut

Erst Zwist, dann Streckenrekord, am Ende ein Heiratsantrag: Patrick Lange gewinnt auf Hawaii den Ironman – und weiß, dass es ein Teamerfolg war

Auch bei der „vierten Disziplin“, dem Wechsel, Spitze: Patrick Lange (2. v. r.) Foto: dpa/ap/Garcia

Von Frank Hellmann

Hinterher hat Patrick Lange die Schirmmütze wieder richtigherum getragen. Und sie war dann auch wieder hellblau statt weiß, was ein sehr farbenfrohes Motiv mit der stacheligen grünen Krone ergab, die alljährlich jedem Champion beim Ironman Hawaii aufgesetzt wird. Stunden nach seinem größten Triumph bekannte der Triathlet einigermaßen gefasst: „Es braucht wohl Wochen, bis das eingesunken ist.“

Denn noch nie hat ein Mensch beim Ironman Hawaii für die Strapaze mit 3,8 Kilometer Schwimmen in der Bucht von Kailua-Kona, 180 Kilometer Radfahren raus bis zum Wendepunkt nach Hawi und 42 Kilometer Laufen bis zum Ziel am Alii Drive weniger als acht Stunden gebracht.

In der 41. Auflage ist es dem 32 Jahre alten Südhessen bei der 1978 aus der Taufe gehobenen Veranstaltung gelungen, der mit der Fabelzeit von 7:52:39 Stunden seinen Strecken­rekord unterbot.

Nach der verletzungsbedingten Absage von Jan Frodeno, der bereits für 2019 ankündigte, dann aber den Rest der „Eisenmänner“ fressen zu wollen, war Konkurrenz weit und breit wegen Langes famoser Laufleistung nicht mehr in Sicht. Der ehemalige Physiotherapeut lief ein taktisch perfektes Rennen und nutzte die günstige Witterung – kaum Wind, erträgliche Temperaturen – für den Husarenstreich in der Zeitenmessung.

Der Belgier Bart Aernouts kam nach mehr als 4 Minuten Rückstand ins Ziel, mehr als 8 wies der Brite David McNamee auf. Danach berichtete der Darmstädter ergriffen vom „intensivsten und schönsten Tag aller Zeiten“, was dem geschuldet war, was nicht nur Sportbegeisterte bewegte: Seit Wochen, ja Monaten hatte Lange mit sich ausgemacht, seiner Freundin Julia Hofmann einen Heiratsantrag zu machen. „Mir war klar, das mache ich, wenn ich gewinne. Das hat mich auch getragen, das Training noch härter anzugehen“, erzählte er nun hinterher. Im Zielbereich schleppte er sich mit letzter Kraft auf seine Freundin zu und bat um ihre Hand.

„Geilste Sau der Welt.“

Patrick Lange über seinen Teamkollegen Andreas Dreitz

Fast so kitschig wie im Hollywoodstreifen. Aber es war nicht der einzige Schuss Extramotivation, den Lange für sich nutzte. Der zweite Antrieb war der vermeintliche Zwist mit seinem Landsmann Sebastian Kienle, der ihm im Vorfeld den Vorwurf gemacht hatte, zu oft die Grenzen auszureizen und Strafen etwa wegen Windschattenfahrens zu kassieren. Beinahe skurril, dass Kienle dann einen Raddefekt hatte, das Hinterrad tauschen und später wegen Achillessehnenproblemen sogar ganz aussteigen musste. Der 34-Jährige hat nun nicht mehr unendlich viel Zeit, seinen Hawaii-Sieg von 2014 zu wiederholen.

Lange befand, aus dem Streit sei im Vorfeld zu viel gemacht worden. „Das wurde groß aufgekocht. Ich habe mich aber beim Start mit Sebastian noch unterhalten. Ich habe sicherlich bessere Freunde, aber mich hat das zusätzlich motiviert. Das war ein cooles Feature, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.“

In seiner Analyse durfte nicht fehlen, wie sehr ihm nach einer eher bescheidenden Schwimmleistung die Unterstützung seines Kumpels Andreas Dreitz geholfen habe. Dass sein Rückstand auf die besten Radfahrer an der Spitze nicht zu groß geworden war, hatte er ihm zu verdanken. „Geilste Sau der Welt, ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen. Er hat mich nach vorne gefahren“, lobte Lange den 29-Jährigen aus Lichtenfels, der als zweitbester Deutsche am Ende auf Platz 13 landete.