Funny van Dannen über Rassismus: „Religionen sind antiquiert“

Seine Musik lief schon auf Nazi-Demos. Jetzt teilt Funny van Dannen auf seinem neuen Album „Alles gut, Motherfucker“ gegen Fanatiker aller Couleur aus.

Der Sänger Funny van Dannen mit Gitarre

„Im Alter noch etwas wilder leben“: Funny van Dannen kümmert sich nicht nur um die Gesundheit Foto: Jaro Suffner

taz: Funny van Dannen, im Auftaktsong Ihres neuen Albums „Alles gut, Motherfucker“ singen Sie vom „Wahnsinn unserer Zeit“. Was genau meinen Sie?

Funny van Dannen: Der Wahnsinn unserer Zeit ist, dass Menschen untereinander nicht gut miteinander umgehen und dass wir unsere Umwelt zerstören. Sowohl das soziale Klima ist vergiftet als auch das meteorologische.

Und Sie wissen Abhilfe bei diesen Problemen?

Ich denke, dass in der Art und Weise, wie man mit anderen umgeht und wie man sich in der Umwelt verhält, jeder etwas ändern kann. Aber für die Problematiken gibt es kein riesiges Bewusstsein in der Gesamtbevölkerung. Das hat man beispielsweise beim NSU gesehen, der jahrelang sein Unwesen treiben konnte. Es ist völlig klar, dass in der Polizei und im Verfassungsschutz schon eine bestimmte Haltung vorherrschen muss, damit Terrorismus von rechts überhaupt möglich ist. Die Naziproblematik ist schon so lange virulent. Bereits in einem meiner ersten Songs, „Gutes tun“, habe ich spöttisch geschrieben „mit Nazis diskutieren“. Damals gab es das sozialpädagogische Konzept „Akzeptierende Jugend­arbeit“, das von bestimmtem rechten Gedankengut ausgeht. Diese Akzeptanz fand ich immer verkehrt.

Sie zeigen auf Ihrem Album klare Kante gegen Rassismus. Dann klingen Sie auch satirisch und widmen sich den Tücken des Alltags.

Die Mischung aus privat und politisch ergibt sich eigentlich von selbst, es sind Themen, die mich beschäftigen. Aber gerade jetzt mit der rechtsextremen Scheiße und mit dem religiösen Fanatismus – dazu sage ich dann auch mal was. Ist natürlich nur ein Lied, aber immerhin.

Vom „religiösen Fanatismus“ klingen Sie auf dem neuen Album sehr genervt.

Für mich sind Religionen antiquiertes Gedankengut. Wir sind auf dem Stand der Wissenschaft, und ich denke, man muss auf diese alten Gottesvorstellungen nicht mehr zurückgreifen. Die Menschheit sollte sich mal als eine Einheit begreifen. Das ist natürlich idealistisch gedacht, aber wir sind eine seltene Erde in einem großen Weltall, und es ist kompletter Wahnsinn, dass sich Gruppen streiten und untereinander massakrieren. Ich finde Religion immer dann gut, wenn sie Menschen friedlich zusammenbringt und nicht auseinanderdividiert. Wie ich es im Lied schreibe, sollte man den Menschen sehen und nicht Gebote von eingebildeten Instanzen wie Göttern befolgen.

Funny van Dannen, geboren 1958, ist als Franz-Josef Hagmanns-Dajka in Tüddern bei Sittard an der holländischen Grenze aufgewachsen. Seit 1978 lebt er in Berlin, wo er eine Ausbildung zum Werbegrafiker machte. Seit den 1980er Jahren tritt er als Funny van Dannen mit Gitarre und satirischen und politischen Liedern auf. „Alles gut, Motherfucker“ ist sein 15. Album. Bekannt wurde er auch als Texter für die Toten Hosen,etwa die Songs „Bayern“ oder „Schön sein“ sind von ihm. Funny van Dannen ist außerdem Schriftsteller und Maler. Er ist verheiratet und hat vier Söhne.

Das Album: „Alles gut, Motherfucker“ (Edition Tiamat/Indigo) Tour 2018/19, Konzert Berlin: 8.11.2018 Berlin RBB Sendesaal

Sie singen „Ich kann das Wort Islam schon nicht mehr hören.“ Der Islam wird besonders im rechten Diskurs dämonisiert. Haben Sie Angst vor Vereinnahmungen?

Man kann heutzutage schnell vereinnahmt werden. Mein Lied „Lesbische, schwarze Behinderte“ ist schon auf Nazidemos gelaufen. Das ist traurig, aber es ist ein Drei-Minuten-Lied und kein Essay. Da muss alles auf Slogans hinauslaufen. Die sind halt oft pauschal und damit leider manchmal zum Missbrauch geeignet.

Sie singen gegen Rassisten, plädieren für einen besseren Umgang untereinander, mokieren sich aber in „Forever Yin, forever Yang“ auch über Menschen, die zu sensibel, zu gemütlich werden.

Ich mag es nicht, wenn Entwicklungen übertrieben werden, wenn man Achtsamkeit und Sensibilität an jeder Ecke hört. Das sollte nicht das Handeln verhindern. Yoga-Seligkeit ist bedenklich. Da wird sich zu sehr auf den eigenen Nabel konzentriert. Als ob es immer nur um das eigene Befinden geht! Da verlieren manche den Blick auf die Welt. Wir haben großartige Möglichkeiten, unser Leben zu gestalten und uns zu engagieren. Aber es muss jeder selbst wissen, ob er auf Kreuzfahrten geht oder vielfältigere Interessen entwickelt. Mich langweilt das. Wenn es immer nur um Gesundheit geht, ist mir das zu unlebendig.

Was ist Ihr Gegenentwurf?

Och, dass man einfach etwas freier und im Alter ruhig noch etwas wilder lebt und nicht nur in diesen geordneten Bahnen.

Und dabei einfach „superglücklich“ sein, wie Sie in Ihrem Lied singen?

Ich wache gerne glücklich auf. Aber um glücklich zu sein, muss man sich auch bewusst machen, dass wir in einer relativ friedlichen Zeit mit großem Wohlstand leben. Da kann man nicht akzeptieren, dass Leute sagen: „Wir haben in Deutschland so viele Probleme, das gibt mir jetzt das Recht, Ausländer zu hassen.“ Dieses Gelaber, auch immer über die eigene Identität, nervt mich. Nur weil hilfsbedürftige Menschen zu uns kommen, bin ich in meiner Identität bedroht? Das ist Bullshit! Diese Argumentation wird viel zu leicht übernommen.

Wie haben Sie sich Optimismus bewahrt?

Im letzten Herbst hat unser dritter Sohn seinen 30. Geburtstag gefeiert, und die Feier war international, friedlich und lustig. Da können die rechten Dumpfbacken erzählen, was sie wollen. Zumindestens hier in Berlin ist die internationale Gesellschaft Realität und daran ist nichts zu rütteln. Das finde ich immer wieder großartig, diese Lebendigkeit. Da können die mit ihrem rechten Trübsinn gar nichts ausrichten, das ist schon passiert. Ich glaube, dass davon eine Energie ausgeht, die nicht mehr kaputtzumachen ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.