Berliner Schaubühne bricht Tournee ab: Kein Volksfeind in China

Es war eine Überraschung, dass das kritische Stück „Volksfeind“ überhaupt in China gezeigt werden soll. Nach einem Eklat endet die Reise jedoch vorzeitig.

Zwei Männer auf einer Bühne, einer sitzt auf einem Sofa, ein anderer lächelt in eine Kamera

Christoph Gawenda (l.) und Thomas Bading in einer Aufführung des Stücks „Ein Volksfeind“ Foto: dpa

PEKING dpa | Nachdem ihr Stück „Ein Volksfeind“ in China heftige Debatten ausgelöst hat, muss die Berliner Schaubühne ihre Tournee in der Volksrepublik vorzeitig beenden. Tobias Veit, Direktor der Schaubühne, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, dass die übrigen zwei Vorstellungen in der ostchinesischen Stadt Nanjing nicht stattfinden werden, weil das dortige Theater eine Absage erteilt habe.

Als offizielle Begründung wurden demnach „technische Probleme“ angegeben. Die Berliner gehen jedoch davon aus, dass Zensur der eigentliche Grund für das vorzeitige Ende der Tournee ist. Erste Einschränkungen musste die Schauspieler so schon nach ihrer ersten Vorführung in Peking vergangene Woche hinnehmen.

„Ein Volksfeind“ von Henrik Ibsen handelt von Korruption in einer Kleinstadt, in der die Obrigkeit einen Umweltskandal vor seinen Bürgern vertuschen will. Wie auch bei früheren Aufführungen öffnete sich bei der China-Premiere in Peking zum Ende der Inszenierung die Diskussion zu den Zuschauern.

Ein Teil der Gäste habe dabei ganz offen über mangelnde Meinungsfreiheit, Umweltskandale und staatliche Repression in China gesprochen. Es habe soviel Kritik gegeben, dass nicht mal der Übersetzer im Saal noch hinterherkam. Auch in den sozialen Netzwerken setzte sich die Debatte nach dem Auftritt fort.

Die Folge: Die zweite und dritte Aufführung durfte die Schaubühne nach Diskussionen mit der Pekinger Theaterleitung nur noch ohne Publikums-Diskussion am Ende spielen. Die beiden letzten Vorstellungen, die nun komplett ausfallen, waren für Donnerstag und Freitag in Nanjing geplant.

Ein Spiegel der politischen Situation

Die Bühne tourt mit „Ein Volksfeind“ seit seiner Premiere 2012 um die Welt. Die Publikumsreaktionen seien oft ein Spiegel der jeweiligen politischen Situation des Landes und der drängendsten Fragen vor Ort.

Um kritische Stimmen zu unterdrücken, werden chinesische Medien und das Internet streng von den Zensoren des Landes überwacht. Viele internationale Medien wie die New York Times und ausländische soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sind komplett gesperrt. Auch ausländische Theaterstücke oder Kinofilme werden vor ihrem Start in China von den Behörden geprüft.

Vor diesem Hintergrund sah Veit die plötzliche Absage in Nanjing mit gemischten Gefühlen. Es sei einerseits zwar „wahnsinnig frustrierend“. Aber dass mit einem so kritischen Stück in China überhaupt drei Aufführungen möglich waren, sei zugleich auch „unglaublich“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.