Gemeinsam Krach gegen rechts

Mit einem großen Konzert wollen Bands in Chemnitz ein Zeichen gegen Rassismus setzen

„Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen im ‚Wir schaffen das‘ von Angela Merkel.“ Der die infame Behauptung über die Ursache der rechtsradikalen Exzesse in Chemnitz nach der von den Rechten instrumentalisierten tödlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern in die Welt gesetzt hat, war kein Pegida-Geiferer, sondern Wolfgang Kubicki, Vize­vorsitzender der FDP und Bundestags­vize­präsident.

Bisher hat man den Norddeutschen noch nicht als geistigen Brandstifter wahrgenommen. Besser als er schützt die Verfassung die Antifa. Sie war die erste Opposition, die sich den dunkeldeutschen Horden am Montag in Chemnitz in den Weg gestellt hat. Sie sind es, die rechtsradikale Strukturen im Osten und anderswo aus der Nähe beobachten und rechte Umtriebe der Zivilgesellschaft übermitteln, wo die Behörden ihre Aufklärungsarbeit intransparent gestalten oder gar vernachlässigen. So hat die Antifa vor einer massiven rechten Mobilisierung in Chemnitz gewarnt. Schon am Sonntag war es dort zu Hetzjagden gegen Migranten gekommen.

Der kommende Montag wird in Chemnitz garantiert anders verlaufen. Dafür sorgt „Wir sind mehr“, ein kostenloses Open-Air-Festival, das ab 17 Uhr vor dem Karl-Marx-Denkmal anberaumt ist, an gleicher Stelle hatten sich in der sächsischen Stadt die Rechten gesammelt. Nun wird dort ein Zeichen „gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt“ gesetzt. KünstlerInnen aus Ost und West, Jungspunde und Veteranen werden auftreten. Marteria & Casper, K.I.Z, Feine Sahne Fischfilet, Nura (SXTN), Die Toten Hosen und – ganz wichtig – die Chemnitzer Künstler Kraftklub und Trettmann haben sich zusammengeschlossen, um die Antifa und all jene zu unterstützen, die rechtsradikale Hetze nicht hinnehmen.

„Jede einzelne Person von euch feiern wir. Diesem rassistischen Mob hat man nicht unwidersprochen die Straße zu überlassen“, steht im gemeinsamen Statement der Auftretenden. „Wir freuen uns, wenn noch viel mehr Leute den Arsch hochbekommen und wenn die Menschen, die sich diesen Zuständen immer wieder in den Weg stellen, auch mal Kraft tanken können. All den Menschen, die von den Neonazis angegriffen wurden, wollen wir zeigen, dass sie nicht alleine sind.“

Eine überfällige Reaktion aus der Popszene und ein Beispiel, das Schule machen sollte. Solidarität im gemeinsamen Kampf gegen rechts, ein Dank für die Anstrengungen, die mit oftmals ehrenamtlichen Tätigkeiten im Kampf gegen rechts verbunden sind, ob in Chemnitz oder anderswo. Denn was hierzulande in den vergangenen Monaten zu bemerken war, eine schleichende Besetzung von Diskursen im Netz oder realen Orte in der Stadtzentrum, ist ein gezielter Angriff von Rechtsaußen auf die gesellschaftliche Mitte und hat besorgniserregende Ausmaße angenommen. Das weiß auch Wolfgang Kubicki, setzt aber nach altbekanntem Muster die Gewalt von rechts mit der antifaschistischen Aufklärungsarbeit in eins.

Julian Weber