Wie man es nicht macht

Der Chefwechsel beim Rowohlt-Verlag gehört ins Lehrbuch

Auf ihren Offenen Brief, in dem Rowohlt-Autor*innen verwundert bis empört auf den Rausschmiss ihrer Verlegerin Barbara Laugwitz reagierten, haben sie jetzt wenigstens mal eine Mail erhalten. Man nehme die Sorgen und Beunruhigung sehr ernst, heißt es darin. Dass Barbara Laugwitz viel geleistet habe, wird ausdrücklich anerkannt. Um Verständnis für die Entscheidung wird geworben. Die Kontaktsperre, die so viele Menschen erschreckt hat, wird als „Missverständnis“ dargestellt.

Abgeschickt und unterzeichnet hat die Mail Joerg Pfuhl, der Geschäftsführer des Holtzbrinck-Konzerns, der die Entscheidung, Barbara Laugwitz durch Florian Illies zu ersetzen, getroffen hat. Eine inhaltliche Begründung für die Entscheidung wird aber auch in der Mail nicht einmal angedeutet.

Mit nun, mit wieder etwas Abstand auf den ganzen Vorgang, muss man feststellen: Dieser Wechsel an der Spitze eines der wichtigsten deutschen Verlage gehört ins Lehrbuch. Als Beispiel dafür, wie man so etwas auf gar keinen Fall macht.

Ahnungslos im Büro

Engste Mitarbeiter*innen der Verlagsspitze erfuhren von dem Wechsel erst eine Stunde vor der Pressemitteilung. Am Abend zuvor hatte es in Berlin noch die Buchpremiere von Inger-Maria Mahlkes Roman „Archipel“ gegeben, der nun auf der Shortlist des Buchpreises steht. Ahnungslos waren die Rowohlt-Leute am nächsten Tag ins Büro gekommen. Vom Holtzbrinck-Konzern gab es kein Wort der Erklärung außer der Floskel von den „unterschiedlichen Vorstellungen über den weiteren Weg“. Selbst verdienten Autor*innen des Hauses wurden keine Hintergründe genannt. Und es gab keine PR-Strategie, um die Unruhe aufzufangen. Mag sein, dass man in den Kältezonen von Großkonzernen so miteinander umgeht, aber in seriösen deutschen Literaturverlagen bislang noch nicht.

Vermutlich hat die Holtz­brinck-Führung darauf gesetzt, dass die Strahlkraft von Florian Illies überdecken würde, dass seine Inthronisierung zugleich den Rausschmiss der bisherigen Verlegerin bedeutet. So ein Kalkül jedenfalls ist nicht aufgegangen. Darüber hinaus steht jetzt immer noch der Verdacht im Raum, dass der Chefwechsel der Beginn von tiefgreifenden Umstrukturierungen sein könnte, an deren Ende Rowohlt und der Fischer-Verlag ihre Unabhängigkeit verlieren – beide Verlage gehören Holtzbrinck (so wie Kiepenheuer & Witsch und Droemer Knaur auch).

Der Verdacht muss nicht stimmen. Aber man hört ihn durchaus auch von Rowohlt-­Au­to­r*innen. Wenn nicht bald klar wird, was Holtz­brinck mit Rowohlt vorhat, verpasst der Konzern die nächste Chance, die eigenen Auto­r*in­nen ernstzunehmen. drk