Spielemesse Gamescom: Zocken, auch fürs Vaterland

Die Gamescom in Köln ist die weltgrößte Messe für digitale Spiele – und auch für das Militär und den Nachrichtendienst interessant.

Zwei Verkleidete rangeln mit einem Mann

Nur Spaß: Figuren aus einem Computerspiel, hier 2011, nehmen auf der Gamescom einen Besucher fest Foto: dpa

Diese Zocker braucht das Land – das zumindest sagt die Bundesregierung. Am Dienstag beginnt in Köln die Spielemesse Gamescom, die in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag feiert. Bei der Veranstaltung handelt es sich laut den Veranstaltern inzwischen um die weltweit größte Messe für interaktive Unterhaltung.

Bereits im letzten Jahr meldete die Messe mit über 350.000 Gästen einen Besucherrekord, in diesem Jahr erwarten die Veranstalter rund 500.000 Gäste. Damit wächst die Messe rasant – ebenso wie der Spielemarkt selbst.

Insgesamt 1.000 Aussteller aus 50 Ländern werden für die Messe, die am Dienstag für das Fachpublikum und am Mittwoch auch für die Öffentlichkeit ihre Tore öffnet und dann bis Samstag geht, erwartet – darunter vor allem Unternehmen, aber auch zahlreiche Behörden. So geben etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Bundeswehr an, in diesem Jahr wieder mit Ständen auf der Gamescom vertreten zu sein.

Für das Militär und den Nachrichtendienst ist die Messe interessant, um künftige Mitarbeiter zu rekrutieren. Beide Staatsinstitutionen mühen sich seit Jahren um geeigneten Nachwuchs im IT-Bereich. Gamer, die oft nicht nur in Ballerspielen, sondern auch im Umgang mit Technik geübt sind, scheinen dazu eine interessante Zielgruppe zu bilden. Anders als bei der Digitalkonferenz Re:publica, wo es in diesem Jahr Ärger um Werbestände der Bundeswehr gab, wird die Bundeswehr bei der Gamescom nicht ausgeschlossen.

Im Mai hatte die Bundeswehr in einer umstrittenen und Aufsehen erregenden PR-Aktion vor der Re:publica demonstriert, weil die OrganisatorInnen der Gesellschaftskonferenz sich zuvor gegen offizielle Werbestände der Bundeswehr ausgesprochen hatten. Die Militärs gerierten sich daraufhin in der Opferrolle und attackierten die zivilen Veranstalter öffentlich – was ihnen viel Kritik einbrachte. In Köln wird sie sich solche Mätzchen sparen können, dort können Bundeswehr und Verfassungsschutz ihre Stände aufbauen.

Digitale Spiele als Kulturgut

Auch jenseits von Rekrutierungsinteressen hat die Bundesregierung allerdings inzwischen die Bedeutung des Spielemarktes erkannt. Der Branche wird eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung digitaler Technologien zugeschrieben, etwa im Hinblick auf Prozessorenleistungen, aber auch virtueller Realität. So gibt es inzwischen zahlreiche sehr komplexe Spiele, deren Produktionen teils weit aufwendiger sind als manche Produktionen von Hollywood-Blockbustern fürs Kino.

Die Branche ist seit Langem bemüht, die staatlichen Fördertöpfe in Deutschland zu vergrößern und kämpft für die Anerkennung von digitalen Spielen als Kulturgut. Dabei geht es um kulturelle Anerkennung, aber auch um viel Geld – und potenzielle Arbeitsplätze. Zwar gehört Deutschland international zu den größten Märkten für Spiele, aber nicht zu den größten Produzenten.

Im letzten Jahr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Messe selbst eröffnet und die Branche als „starken Pfeiler der deutschen Wirtschaft“ bezeichnet – was die Unternehmen als ihren eigenen „Ritterschlag“ feierten. In diesem Jahr wird neben der Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär (CSU), auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erwartet. Im Mai hatte Laschet bereits recht vollmundig zu einem sogenannten Games-Gipfel geladen, bei dem er mit 30 ausgewählten Gästen sprach. Sein Ziel: Nordrhein-Westfalen zum Games-Standort Nummer eins in Deutschland zu machen, einschließlich entsprechender Staatsgelder.

Im vergangenen Jahr ging die Messe schließlich mit einem vorläufigen Besucherrekord zu Ende – andererseits auch mit einer Warnung der Bundesdrogenbeauftragten. Diese hatte gemahnt, die Spieleindustrie tue zu wenig für den Schutz Jugendlicher vor Spielsucht.

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