UN-Sonderkoordinator Nickolaj Mladenow: Der Mann fürs Unmögliche in Nahost

Der Diplomat aus Bulgarien soll einen israelisch-palästinensischen Krieg abwenden. Und Gaza aus der Wirtschaftsmisere helfen.

Der UN-Sonderkoordinator Nikolaj Mladenow sitzt zusammen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas rechts und links von einem kleinen Tisch. Hinter den beiden Männern steht die palästinensische Flagge

Nickolaj Mladenow genießt das Vertrauen beider Konfliktparteien, die sich gegenseitig boykottieren Foto: imago/Zuma Press

BERLIN taz | Am Erfolg von Nickolaj Mladenow hängt das Schicksal der zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen. Die Mission des UN-Sonderkoordinators für den Nahost-Frieden lautet, zwischen Israel und der Hamas zu vermitteln. Auf dem Tisch liegt ein Mehrstufenplan, der den Menschen im Gazastreifen bessere Lebensbedingungen und für Israel Ruhe im Grenzbereich schaffen soll. Scheitert Mladenow, der Hand in Hand mit dem ägyptischen Geheimdienst arbeitet, droht ein erneuter Krieg.

„Der Mann, der versucht, Gaza zu retten“, betitelte die israelische Tageszeitung Jediot Achronot eine Analyse über den „vermutlich effektivsten Nahost-Diplomaten“ seit Jahren. Dem 46-Jährigen Bulgaren gelang schon jetzt, woran sein Vorgänger, der als pro-palästinensisch geltende Holländer Robert Serry, scheiterte: Er genießt das Vertrauen beider Konfliktparteien, die sich erklärtermaßen gegenseitig boykottieren, Nickolaj Mladenow aber gern als Nachrichtenüberbringer nutzen.

Hauptinteresse Israels und der islamistischen Machthaber in Gaza ist, die seit Wochen akut drohende Eskalationen abzuwenden. Mladenow konzentriert sich zu diesem Zweck auf eine bessere Versorgung der Menschen in Gaza mit Strom und Wasser, auf Arbeitsschaffung und mehr Bewegungsfreiheit für die Palästinenser – und für Israel auf die Auslieferung der sterblichen Überreste zweier im Krieg 2014 gefallener Soldaten.

Das eigentlich Sensationelle ist, dass der Abgesandte der UN, einer Institution, der man in Jerusalem mit großem Misstrauen gegenüber steht, in Israel als engagiert, klug und extrem seriös geschätzt wird. Dabei hält Mladenow mit Kritik gegen die israelische Siedlungspolitik und gegen die „exzessive Gewalt“ israelischer Scharfschützen, die auch auf Minderjährige zielen, nicht zurück.

Mladenow kritisiert beide Konfliktparteien

„Es ist unerhört, auf Kinder zu schießen“, twitterte er zu Beginn der monatlichen Proteste im April. „Wie kann das Töten eines Kindes in Gaza den Frieden näherbringen?“ Umgekehrt verurteilt Mladenow die Hamas für den Raketenbeschuss gegen Israel und die jüngsten Provokationen mit Brandsätzen, die Palästinenser mit Drachen und mit Helium gefüllten Ballons nach Israel schicken.

Dass der Tod eines israelischen Soldaten Mitte Juli, der von einem palästinensischen Scharfschützen erschossen worden war, nicht in einen Krieg eskalierte, schreibt Jediot Achronot allein dem Verdienst Mladenows zu, der umgehend von der Hamas kontaktiert worden sei, damit er sich in Jerusalem für eine Waffenruhe stark mache.

Mladenow war bis zu seiner Berufung zum UN-Sonderkoordinator Anfang 2015 Chef der UN-Unterstützungsmission im Irak. Davor amtierte er im Auftrag der konservativen Partei GERB zunächst als Verteidigungs-, später als Außenminister Bulgariens. Aktuell pendelt der studierte Experte für Internationale Beziehungen und Konfliktforschung zwischen Jerusalem, Sofia, wo seine Frau und seine Tochter leben, New York, Kairo, Gaza und Ramallah, dem Sitz von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah).

Parallel zu der Vermittlung zwischen der Hamas und Israel, macht sich Mladenow für eine Versöhnung der seit gut zehn Jahren zerstrittenen Parteien Hamas und Fatah stark. Präsident Abbas soll nicht zum Fanclub des bulgarischen Diplomaten gehören, der ihn aufgrund der massiven Sanktionen dem Gazastreifen gegenüber, wiederholt verurteilt hatte. Abbas kürzte Beamtengehälter und Zahlungen für die öffentliche Stromversorgung, um die Hamas zu Kompromissen zu zwingen.

„Ohne die Kooperation der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah“, so kommentierte Alex Fishman von Jediot Achronot könne Mladenows Plan indes kaum umgesetzt werden. Fishman gibt dem UN-Sondergesandten keine Chance. Angeblich sei Mladenow schon „letztes Wochenende in den Jahresurlaub“ gefahren, was zeige, dass er selbst die Mission für unmöglich halte.

Im Umfeld des Chefdiplomaten soll die Stimmung zuversichtlicher sein. Wenn Mladenow doch ein Fortschritt auf den beiden Verhandlungssträngen glückt, werde er sein schwieriges Amt als Sprungbrett nutzen, um sich auf internationaler Bühne eine Schlüsselposition zu ergattern.

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