Kommentar CDU-Avancen an die Linke: Den Laden am Laufen halten

Die Wahlen im Osten könnten Koalitionen unmöglich machen, ein Pakt mit der Linken wäre sinnvoll. Manche scheinen aber eher zur AfD zu schielen.

Eine weiße, fensterlose Hausfront hinter einer braunen fensterlosen Hausfront

Nach den Landtagswahlen könnte die politische Landschaft in Ostdeutschland ein weißes Blatt sein Foto: dpa

Die CDU will nicht. Nach den Landtagswahlen im Osten solle die Union notfalls mit der Linkspartei zusammenarbeiten, hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther am Wochenende seiner Partei geraten. Zumindest dann, wenn es ganz ohne die Linken keine Mehrheiten gebe. Seine Parteifreunde sind dazu aber nicht bereit, die Reaktionen reichen von verwundert bis entsetzt. Und das, obwohl es eigentlich richtig wäre, jetzt schon Optionen für das nächste Jahr auszuloten.

In Sachsen, Brandenburg und Thüringen stehen 2019 Wahlen an. Wegen der Stärke der AfD und der Schwäche der SPD ist es in allen drei Ländern gut möglich, dass keine der klassischen Ko­alitionen eine Mehrheit bekommt. In dem Fall kann eine Zusammenarbeit zwischen CDU und Linkspartei schon sinnvoll sein – nicht in Form einer gemeinsamen Regierung, aber zumindest in einem Duldungsmodell, in dem man grundlegende Entscheidungen wie die über den Haushalt gemeinsam fällt. Die demokratischen Parteien würden den Laden so gemeinsam am Laufen halten und demonstrieren, dass das demokratische System auch in der Krise funktioniert.

Natürlich: So ein Modell hätte Nachteile. Ein Teil der Wähler würde das Verantwortungsbewusstsein als Prinzi­pien­losigkeit auffassen und aus Protest zur AfD abwandern. Aber was wären die Alternativen?

Die erste Möglichkeit wären Neuwahlen mit ungewissem Ausgang, die zweite Möglichkeit wäre eine Minderheitsregierung ohne Parlamentsmehrheit und Gestaltungsspielraum. Politische Entscheidungen wären bis auf Weiteres blockiert, die AfD würde davon profitieren. Wer die Demokratie bei jeder Gelegenheit verächtlich macht, dem kann nichts Besseres passieren als eine Demokratie, die nichts mehr zustande bekommt.

Die dritte Möglichkeit wäre schließlich eine Zusammenarbeit mit der AfD, formell oder informell. Vielleicht streben manche, die sich jetzt über Günthers Vorschlag empören, insgeheim diese Option als vermeintlich kleinstes Übel an. Den Rechtspopulisten Zugang zur Macht geben – das kann aber eigentlich kein Demokrat wollen.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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