Pro & Contra Bürohunde: Oder soll man es lassen?

Für die einen entspannend und inspirierend, für die anderen eine Waffe. Was für und was gegen Vierbeiner am Arbeitsplatz spricht.

Ein weißer Hund liegt in einem Büro

Bürohund ja oder nein? Dieser Vierbeiner hatte Glück und darf seinen Besitzer begleiten Foto: dpa

Keine Hunde

Der Arm vom Hundebesitzer ist sein Hund. Es kann auch sein Kopf oder das Herz sein. Tritt jemand nach dem Hund, ist das, als stoße er den Hundebesitzer am Arm, als löse er bei ihm Herzschmerz oder Migräne aus. Denn Herr und Hund sind eins. Deshalb gucken Hundebesitzer auch gerne zu, wenn ihre ausgelagerten Ichs auf Bürgersteige kacken. Endlich zeigen, was man von anderen hält: Ich scheiß auf euch.

Der Hund ist erweitertes Selbst­objekt des Hundehalters, wie das Motorrad erweitertes Selbstobjekt des Bikers und der Twitter-Account erweitertes Selbstobjekt von Trump ist. Allen sei geraten, Hund, Motorrad und Trump-Tweets zu liken. Dann sind Sie ein guter Mensch – in den Augen der BesitzerInnen und des US-Präsidenten. Bei Motorrädern und Hunden mache ich das so. „Ein schöner Hund.“ „So braun.“ „Und sein röhrender Auspuff, sein buschiger Schwanz.“

Meine Haltung indes ist eine Täuschung: In Wirklichkeit interessieren mich Motorräder nicht und Hunde halte ich meist für überflüssig. Ich kenne keine, außer jenen, die mit in die Redaktion gebracht werden. Als Seelenspiegel verraten sie mehr über die KollegInnen, als ich eigentlich wissen möchte. Es gibt Blindenhunde, Suchhunde, Spürhunde, Wachhunde – alle wichtig und gut trainiert. Aber Bürohunde? Heißt das: Nichts auf der Arbeit ist so wichtig wie der Hund?

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

In der taz haben sich in den letzten Jahren viele Hunde das Terrain erobert. Sie liegen auf Decken neben den Redakteurinnen, rennen um Stuhlbeine, liegen unter den Tischen – oben PC, unten Hund – ihre zerkauten Fake-Knochen verstauben in den Ecken.

Jetzt ist die Geschäftsführung in diese Tier-Mensch-Symbiose gefahren: Seit bekannt ist, dass sie Hunde im neuen Haus untersagt, wird die Gerechtigkeitsfrage gestellt. Ausgrenzung der HundebesitzerInnen dräut. Es gibt keine Kita im Haus, aber das Gewese um ausgesperrte Hunde ist größer. Ja klar, Kinder schreien.

Hunde sind eine Waffe. Schlecht erzogene gar eine entsicherte. Angst vor ihnen ist berechtigt, aber ungünstig. Hunde müssen wissen, wer in der Rangordnung über ihnen steht. Jemand mit Angst ist das nicht. Bleibt mir nur, die Hunde zu ignorieren. Auch das hat Nachteile. Denn Hunde merken, wenn sie ignoriert werden. Auf so jemanden kommen sie zu, schnuppernd, schwanzwedelnd. Ich fasse sie trotzdem nicht an. Ist es unvermeidbar, wasche ich mir sofort die Hände.

Was die Hunde in der taz angeht: Natürlich bewundere ich sie, um mir Sympathiepunkte bei deren BesitzerInnen zu holen, bis auf den einen taz-Hund, der mich biss, weil er, was ich nicht wusste, unter einem Tisch im Hof des Cafés lag und ich auf seinen Schwanz trat, was mir die Besitzerin, glaube ich, übel nahm, weil es sie schmerzte.

Waldtraud Schwab

Mehr Hunde

Einem Hund auf der Arbeit zu begegnen, einen Augenblick über weiches Fell anstatt Tastaturtasten zu streichen, wärmt mich von innen wie Kakao. Danach habe ich das Gefühl, eine Spur besser, schneller, effektiver arbeiten zu können.

So funktioniert das natürlich nicht bei allen. Eine gute Freundin von mir hat Angst vor Hunden. Trotzdem haben wir früher immer Möglichkeiten gefunden, uns zu treffen, auch wenn ich auf den Hund aufpassen musste. Im Laufe der Zeit hat sie jede zusammenfantasierte Angst vor dem Hund mit einer konkreten Erfahrung aus dem Weg räumen können. Der Hund war für sie irgendwann nicht bedrohlicher als ein Gummibärchen. Meine Freundin hat sich ihrer Angst entgegengestellt, anstatt sich ihr hinzugeben.

Wer Flugangst hat, kann sich entscheiden, nicht zu fliegen. Wer aber Angst hat vor Hunden, Spinnen, Vögeln, vorm Telefonieren oder davor, seine Post zu öffnen, der sollte einen Weg finden, damit umzugehen. Die Welt da draußen ist voll von alldem.

Ängste muss man behandeln. Das geht am besten in einem geschützten Raum. Das kann eine Freundschaft sein, aber auch der Arbeitsplatz. Fürchten sich Kolleg*innen vor Hunden, so hat man gerade im Büro die Möglichkeit, das Aufeinandertreffen mit einem Hund empathisch, strukturiert und angstfrei zu gestalten.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Leinenzwang in den Fluren, festgelegte Räume, die der Hund keinesfalls betreten darf, konkrete Hausverbote bei wirklich problematischen Tieren. Im Büro sind lange Schleppleinen von Vorteil, die Hundebesitzer an ihrem Schreibtisch befestigen können. Dadurch kann sich der Hund frei bewegen und gleichzeitig mit einem kräftigen Tritt auf die Leine oder durch eine auf dem Schreibtisch positionierte Not-Schlaufe effektiv kontrolliert werden.

Es ist auch nicht einfach nur ein Luxus, den Hund mit auf die Arbeit zu nehmen. Für viele ist ein solch hochsozialer und vorurteilsfreier Vierbeiner unverzichtbar und lebenswichtig: Blindenführhunde geleiten sehbehinderte Menschen durch den Tag, Signalhunde helfen Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Epilepsie und Diabetes, Servicehunde erlauben Menschen mit Behinderung mehr Mobilität. Es gibt Hunde, die ihre Besitzer bei Schizophrenie, Essstörungen, Depressionen und Angststörungen begleiten. Seinen Hund ins Büro mitbringen zu dürfen fällt also auch unter Barrierefreiheit.

Ein pauschales Hundeverbot im Büro ist diskriminierend, es stellt viele Halter*innen vor Probleme, weil Hundesitter*innen teuer sind. Und es schützt Angsthabende nur bis zum Feierabend.

Hanna Voß

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