Neuer Brexit-Minister Dominic Raab: Vom Denker zum Macher

Dominic Raab ist der neue Brexit-Minister der Briten. Die Ernennung ist ein gelungener Zug für die bedrängte Premierministerin Theresa May.

Dominic Raab trägt einen Anzug und schaut entschlossen

Als neuer Brexit-Minister kann Dominic Raab zeigen, was er kann Foto: ap

Klug und loyal zugleich – diese Kombination ist selten in der britischen Regierung. Nicht nur aus diesem Grund ist die Ernennung von Dominic Raab zum neuen Brexit-Minister Großbritanniens ein gelungener Schachzug für die bedrängte Premierministerin Theresa May. Sie ist auch eine Anerkennung eines der intelligentesten Denker bei den regierenden Konservativen – und eine Aufwertung eines Ministeriums, das unter dem zurückgetretenen David Davis zuletzt kaum noch eine Rolle spielte und einen Neustart bitter nötig hat.

Raab wurde 1974 geboren, sein jüdischer Vater war 1938 aus dem heutigen Tschechien vor den Nazis nach England geflohen. Viele Söhne dieser Flüchtlingsgeneration sind glühende Europäer geworden und kämpfen gegen den Brexit. Raab trat beim Referendum 2016 für den Brexit ein – im Namen der Selbstbestimmung. „Ich glaube, man kann ein stolzer Europäer sein, aber nicht Mitglied des politischen Klubs sein wollen“, sagte er.

Studierter Jurist mit Abschlüssen aus Oxford und Cambridge, arbeitete Raab in den 1990er Jahren an der Bir-Zeit-Universität auf der israelisch besetzten palästinensischen West Bank, bevor er 2000 zum britischen Außenministerium stieß und in Den Haag, wo gerade der Internationale Strafgerichtshof aufgebaut wurde, die Verfolgung von Kriegsverbrechern voranbrachte. Man könnte ihn sich als eloquenten Chefankläger vorstellen oder als geschliffenen Außenminister – und es überrascht eher, dass seine Karriere nach dem Wechsel in den politischen Betrieb ab 2006 so zäh vorankam.

Seit 2010 sitzt Raab als Abgeordneter für den Wahlkreis Esher & Walton südwestlich von London für die Konservativen im Unterhaus. Seine erste Parlamentsrede widmete er der Verteidigung des Laienrichterprinzips in den Geschworenengerichten, das die Labour-Vorgängerregierung hatte einschränken wollen. Nach der Wiederwahl 2015 wurde er Unterstaatssekretär für Bürgerrechte im Justizministerium.

Das große Ganze

Seitdem wird er bei jeder Regierungsumbildung als kommender Justizminister gehandelt. Aber es blieb bei Staatssekretärsposten – erst für Gerichte, dann für Wohnungsbau.

Als Brexit-Minister kann Dominic Raab beweisen, was er kann. Den EU-Austritt wertet er als „goldene Chance für demokratische Erneuerung“, wie er 2016 schrieb – und zeigt damit, dass er das große Ganze im Blick behalten und sich nicht in technokratischen Details verlieren will. Und er hat es vermocht, mit allen gut auszukommen – eine Grundvoraussetzung für diesen Job unter einer Premierministerin, die die Brexit-Richtlinienkompetenz beansprucht.

So war er, bevor er ins Parlament kam, Assistent sowohl von Dominic Grieve, dem ehemaligen Generalstaatsanwalt und aktuellem Führer der Tory-Abweichler gegen den Brexit im Parlament, als auch von David Davis, seinem scheidenden Vorgänger und ebenso leidenschaftlichen Brexit-Befürworter. Zwei der größten Brexit-Alphatiere und aktuellen Brexit-Rivalen sind ihm also sehr vertraut.

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