Treffen der Euro-Finanzminister: Das Ende des Spardiktats

Am Donnerstag wird das Ende des Rettungsprogramms für Griechenland beschlossen. Deutschland bleibt bei seiner harten Haltung.

Vor der Akropolis in Athen steht eine Touristin mit Sonnenschirm

Griechenland verlässt den Euro-Rettungsschirm und wird finanziell wieder auf eigenen Füßen stehen Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Rund zehn Jahre nach dem Beginn der Eurokrise verabschiedet sich die EU von den umstrittenen Hilfsprogrammen und Spardiktaten. Am Donnerstag will die Eurogruppe in Luxemburg grünes Licht für den Ausstieg Griechenlands aus dem dritten Kreditprogramm geben. Nach Irland, Spanien, Portugal und Zypern wäre damit auch das letzte Krisenland aus den Fängen der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF beziehungsweise der „Institutionen“ entlassen.

Ob Griechenland damit die ersehnte finanzielle Freiheit wiedererlangt, bleibt jedoch abzuwarten. Vor allem Deutschland beharrt darauf, die griechische Budgetpolitik sowie die Umsetzung der Reformen, Privatisierungen und Kürzungen auch nach dem Ende des Programms am 20. August zu überwachen. Das Land bleibt mindestens bis 2060 im verhassten „Schuldenturm“ gefangen.

So lange laufen nämlich die meisten Kredite, die in drei Hilfsprogrammen auf insgesamt fast 300 Milliarden Euro angewachsen sind. Einen Schuldenerlass, wie ihn die griechische Linksregierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf dem Höhepunkt der Krise 2015 gefordert hatten, wird es nicht geben. Auch hier hat sich die Bundesregierung mit ihrer harten Haltung durchgesetzt.

Stattdessen plant die Eurogruppe diverse Erleichterungen für Griechenland. Im Gespräch sind zum Beispiel längere Laufzeiten für die gewährten Kredite sowie eine Atempause von bis zu 15 Jahren bis zur Rückzahlung. Damit würden 130 Milliarden Euro oder 40 Prozent der Schulden umgeschichtet. Außerdem würde die Hauptlast der Rückzahlungen über das Jahr 2030 hinaus verschoben. Bis dahin, so die Idee, wäre Griechenland auf der sicheren Seite.

Die Regierung in Athen wird ab Mitte August finanziell wieder auf eigenen Füßen stehen und die strenge Aufsicht der Geldgeber größtenteils hinter sich lassen. Der Weg dahin war turbulent: Im Sommer 2015 hatte sich die Lage zugespitzt, nachdem die Euro-Länder die griechische Linksregierung zu Sozialkürzungen und Privatisierungen gezwungen hatten. So stand die Forderung im Raum, dass Griechenland den Euroraum verlassen soll. Mittlerweile kann die Regierung in Athen Haushaltsüberschüsse verbuchen; die Industrieproduktion wächst und die Arbeitslosenquote fällt, obwohl sie noch immer bei mehr als 20 Prozent liegt.

An den Rand gedrängt

Athen müsste erst einmal keine neuen finanziellen Turbulenzen fürchten. Die Regierung könnte sich in aller Ruhe um Wirtschaftswachstum und den Wiederaufbau kümmern. So stellt es jedenfalls EU-Währungskommissar Pierre Moscovici dar. „Wir brauchen ein substanzielles und glaubwürdiges Schuldenpaket, das sowohl die Bürger als auch die Unternehmen und die Märkte überzeugt“, sagte der Franzose am Mittwoch in Brüssel.

Doch Moscovici und die Kommission haben nicht mehr viel zu melden. Sie waren 2015 von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an den Rand gedrängt worden. Auch drei Jahre später sind es wieder die Deutschen, die den Ton angeben. Der neue sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz (SPD) gibt sich im Ton zwar moderater, in der Sache ist er jedoch genauso hart wie Schäuble.

Statt Griechenland bei den Schulden entgegenzukommen, möchte Scholz lieber Cash auf den Tisch legen. Athen soll bis zu 19,5 Milliarden Euro als „Puffer“ erhalten, um die alten Schulden bedienen zu können. Scholz will damit auch Zeit kaufen – mindestens bis zur nächsten Bundestagswahl soll Ruhe an der Schuldenfront herrschen. Natürlich dürfe der Zuschuss „nur im Notfall“ genutzt werden, sagte ein EU-Diplomat – und zurückzahlen muss Athen das Geld, das es gar nicht angefordert hat, selbstverständlich auch.

Einpeitscher für Sozialabbau

Auch den IWF hat Deutschland in die Schranken verwiesen. 2015, bei der Gewährung des dritten Hilfsprogramms, hatte die Bundesregierung die Beteiligung des Währungsfonds noch zur Bedingung für das nun auslaufende dritte Programm gemacht. Umgesetzt wurden jedoch nur die radikalen Kürzungspläne der IWF-Experten, nicht aber die IWF-Forderungen nach einem Schuldenschnitt. Darüber hinaus war es Berlin nicht allzu wichtig, dass sich der IWF – wie noch 2015 gefordert – finanziell am Hilfsprogramm beteiligt.

Heute ist von einer Finanzspritze aus Washington gar keine Rede mehr. Die Bundesregierung will darauf verzichten, auch wenn sie dem Bundestag versprochen worden war. Der IWF wurde letztlich nur als Einpeitscher für neoliberale Reformen und Sozialabbau gebraucht.

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