Schelte für taz-Text: Die falsche Sprache benutzt

Ein Artikel über die Ordination gleich mehrerer Rabbiner in Hamburg, der ersten in der Stadt seit der Schoah, bringt der taz Kritik ein – verständlich.

Ordination gleich mehrerer Rabbiner in Hamburg, der ersten in der Stadt seit der Schoah. Foto: dpa

HAMBURG taz | „TAZ mag keine Rabbiner“: So überschrieb der Autor Eliyah Havemann am Mittwoch einen auch per Tweet verbreiteten Blog-Eintrag. Darin setzte er sich auseinander mit einem Artikel, der am Samstag davor in der taz nord erschienen war: „Mehr ultra-orthodoxe Rabbis“ überschrieben, und untertitelt: „Umstrittene Chabad-Sekte hat ausgebildet“.

Der Text hatte vorausgeblickt auf eine – am Mittwoch dann übrigens auch vollzogene – Ordination gleich mehrerer Rabbiner in Hamburg, der ersten in der Stadt seit der Schoah. Im Text wurde kritisiert, dass das Seminar, das die fünf Geistlichen ausgebildet hat, vom Hamburger Landesrabbiner Shlomo Bistritzky gegründet worden war, denn der sei „Vertreter der ultra-orthodoxen Chabad-Lubawitsch-Sekte“.

Auf sachliche Fehler hingewiesen

Post erhielt die taz dann auch vom Zentralrat der Juden sowie der Hamburger Jüdischen Gemeinde. Auch sie wiesen hin – einerseits auf sachliche Fehler, die wir in der Ausgabe vom Mittwoch auch richtig gestellt haben: Anders als geschrieben, ist Stephan Kramer seit Anfang 2014 nicht mehr Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Jonah Metzger seit Mitte 2013 nicht mehr Israels Oberrabbiner.

Weniger eindeutig ein Fehler in der Sache ist die Aussage im Text: „Chabad Lubawitsch unterstützt in Israel massiv radikale jüdische Siedler“. Für Havemann eindeutig bösartige Unterstellung, lässt sich, wenn nicht „massive“ Unterstützung, so doch zumindest gedankliche Nähe zwischen der Organisation und Teilen des national-religiösen Spektrums der israelischen Gesellschaft nicht ignorieren – und also auch zu Teilen der Siedler-Bewegung. So finden sich auf www.chabad.org auch Artikel darüber, wie es sich anfühle, so als jüdische Frau in Judäa – „dem Land, das der Rest der Welt das Westjordanland nennt“. Nochmals: „Massive“ Unterstützung ist damit nicht belegt, aber Abstand geht auch anders.

Der Protest richtete sich auch gegen die Einschätzung, Chabad Lubawitsch sei eine Sekte, von der die taz aber keinen Grund sieht abzurücken: „Natürlich ist das eine Sekte“, sagte 2012 der Historiker Julius Schoeps über Chabad Lubawitsch, dem antisemitische Hetze nicht nachzuweisen sein wird; gefolgt übrigens vom Satz: „Sekte ist nichts Abwertendes“, aber das stellt sich in diesen Tagen als Minderheits-Sichtweise dar.

Keine Frage der Sichtweise

Keine Frage der Sichtweise ist aber, woran sich die meiste Kritik entzündet hat: Die Mutmaßung, die nun im Chabad-Sinne ausgebildeten Rabbiner könnten eine „Gleichschaltung“ ihrer künftigen Gemeinden bedeuten. „Gleichschaltung“ aber stammt direkt aus dem Wörterbuch derer, die sich die systematische Vernichtung jüdischen Lebens zur Mission gemacht hatten; es ist das Deutsch der Nationalsozialisten. Solche Sprache unreflektiert zu benutzen, und das auch noch in diesem Zusammenhang: Das hätte uns nicht passieren dürfen.

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