Tödlicher Angriff in Belgien: Vorsatz, aber welcher?

Bei einer Schießerei in Lüttich kommen vier Menschen ums Leben, einschließlich des Angreifers. Die Motive des 36-Jährigen bleiben zunächst unklar.

Polizisten mit Westen auf einer Straße

Auf der Suche nach Hinweisen: Polizisten am Tatort in Lüttich Foto: dpa

BELGIEN taz | Sogar der belgische König eilte zum Tatort. Rund vier Stunden nach der tödlichen Schießerei, bei der am Dienstag in Lüttich vier Menschen ums Leben kamen, traf Roi Philippe im Zentrum der ostbelgischen Metropole ein. Gegen zehn Uhr morgens hatte dort ein Mann ohne Vorwarnung zwei Polizistinnen und einen jungen Mann erschossen, bevor er selbst von der Polizei „neutralisiert“ – also getötet – wurde.

„Unsere Gedanken sind bei den Opfern dieser schrecklichen Tat“, schrieb der königliche Palast im Kurznachrichtendienst Twitter. Premierminister Charles Michel, der ebenfalls nach Lüttich fuhr, sprach von „feiger und blinder Gewalt“.

Die Tat weckte Erinnerungen an die Terroranschläge von Brüssel. Im März 2016 waren bei zwei Bombenexplosionen im Flughafen und in der Metro der belgischen Hauptstadt 32 Menschen getötet worden. Seither lebt Belgien in Terrorangst.

Ob es sich bei der Bluttat von Lüttich um einen neuen Terroranschlag handelt oder was sonst die Motive des Täters gewesen sein könnten, war zunächst jedoch unklar. Bei einer ersten Pressekonferenz wollte sich die Staatsanwaltschaft von Lüttich nicht festlegen.

Allerdings waren auch Ermittler des belgischen Föderalstaates vor Ort, was auf Terrorverdacht schließen lässt. Die Bundesanwaltschaft zog den Fall an sich, was ebenfalls auf einen terroristischen Hintergrund hindeutet.

Vorsätzliche Tat

Mehrere belgische Medien berichten, dass der Täter – offenbar ein 36-jähriger Belgier – auf Freigang aus dem Gefängnis war, wo er sich radikalisiert haben soll. Ob sich der Mann zum „Islamischen Staat“ oder einer anderen Terrororganisation bekannt hat, blieb jedoch zunächst offen. Klar scheint jedoch, dass er seine Tat vorbereitet und mit Vorsatz gehandelt hat.

Der Angreifer habe sich von hinten den beiden Polizeibeamten genähert und mit einem Messer mehrmals auf sie eingestochen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Lüttich, Philippe Dulieu. Dann habe er ihre Waffen genommen und auf sie abgefeuert.

Das dritte Opfer sei ein 22-jähriger Autofahrer, der zufällig in der Nähe in seinem Wagen gesessen habe. Auch ihn hat der Täter offenbar kaltblütig erschossen. Danach stürmte er in eine nahe gelegene Schule, in der er eine Frau als Geisel nahm. Deshalb war zunächst von einer Geiselnahme die Rede.

Als eine Spezialeinheit der Polizei anrückte, „verließ er das Gebäude, eröffnete das Feuer auf die Beamten und verletzte einige von ihnen, bevor er erschossen wurde“, sagte Dulieu.

Gesellschaft ist erschüttert

Für Schüler und Eltern war die Tat ein Schock. Auch viele Anwohner zeigten sich erschüttert von der Gewalt im Zentrum Lüttichs. Die Stadt hatte schon 2011 eine tödliche Schießerei erlebt. Damals waren auf der Place Saint-Lambert fünf Menschen ums Leben gekommen.

Die neuerliche Bluttat hat in Belgien eine Debatte über die Radikalisierung im Gefängnis ausgelöst. Auch einige der Attentäter von Brüssel hatten zunächst wegen kleiner Delikte hinter Gittern gesessen, bevor sie zum „Islamischen Staat“ überliefen.

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