Nach dem Bruch des Iran-Abkommens: Wirtschaft bangt, Regierung prüft

Der neue US-Botschafter hat deutsche Firmen zum Rückzug aus dem Iran aufgefordert. Die hoffen auf Hilfe von der Politik. Bisher vergebens.

US-Botschafter Grenell neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Gerade erst als US-Botschafter akkreditiert, mach Richard Grenell sich in Deutschland schon unbeliebt Foto: ap

Es war eine unverhohlene Drohung, mit der sich der neue US-Botschafter am Dienstagabend in Deutschland vorstellte: „Deutsche Unternehmen, die mit dem Iran Geschäfte machen, sollten ihre Tätigkeit sofort herunterfahren“, twitterte Richard Grenell kurz nachdem er von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde überreicht bekommen hatte.

Noch deutlicher wurden zwei hochrangige Mitarbeiter des US-Außenministeriums: In einem Presse-Hintergrundgespräch, dessen Mitschrift das Ministerium veröffentliche, antworteten sie auf die Frage, ob deutsche Unternehmen mit Sanktionen rechnen müssen, wenn sie sich nicht aus dem Land zurückziehen: „Solche Diskussionen werden wir mit den Europäern führen müssen.“

Drohungen gegen verbündete Staaten, Sanktionen gegen deutsche Unternehmen? Das hat eine völlig neue Qualität. Entsprechend groß ist die Aufregung in der deutschen Wirtschaft. „Der Druck der US-Regierung auf Unternehmen mit Iran-Geschäft erhöht sich dramatisch – mit unabsehbaren Folgen“, sagte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie.

Ähnlich äußerte sich Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. „Es sind die USA, die aus dem Abkommen mit dem Iran aussteigen“, erklärte er. „Dass hierunter nun auch die Aktivitäten deutscher Unternehmen leiden sollen, ist nicht nachvollziehbar.“ Michael Tockuss vom Vorstand der deutsch-iranitschen Handelskammer kritisierte den neuen Botschafter scharf. „Ich bin sicher, dass unser Auswärtiges Amt ihn darauf hinweisen wird, dass es nicht seine Aufgabe sein kann, deutschen Firmen Anweisungen zu geben oder ihnen zu drohen.“

Ratschläge will die Bundesregierung nicht geben

Doch das hat die Regierung offenbar nicht vor. „Über die Form der Bekanntmachung habe ich hier keine Wertung abzugeben“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert zu Fragen nach Grenells Tweet. Auch ist nicht geplant, den Botschafter deswegen offiziell einzubestellen.

Auch auf die Forderung der Unternehmen nach Unterstützung gegenüber den USA reagierte Seibert zurückhaltend. „Es ist verständlich, dass die gestrige Ankündigung bei deutschen Unternehmen Unsicherheit ausgelöst hat“, sagte er. Ratschläge, wie sich Unternehmen verhalten sollen, könnte die Bundesregierung derzeit aber nicht geben. Sie sehe es aber zunächst nur als ihre Aufgabe, „genau zu analysieren, was kann die gestrige Ankündigung für deutsche Unternehmen möglicherweise bedeuten und wann könnte eine solche Bedeutung eintreten“, so Seibert.

Etwas konkreter wurde Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Er werde alles Mögliche versuchen, damit diese nicht allzu sehr beeinträchtigt werden, sagt der SPD-Politiker. Er werde deswegen mit Partnern in den USA telefonieren. Wenig Hoffnung auf Unterstützung macht hingegen CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen der Industrie: Wirtschaftliche Aktivitäten im Iran „werden für europäische Unternehmen nicht mehr möglich sein, wenn sie von den USA nicht sanktioniert werden wollen“, sagte er der Huffington Post. (mit Reuters)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.