Krieg in Syrien: Schweigen nach den Angriffen

Nach den Luftschlägen gegen zwei Militärstützpunkte in Syrien mit zahlreichen Toten halten sich alle Seiten mit Schuldzuweisungen zurück.

Feuer und Rauch: Angriff auf Syrien südlich der Stadt Hama am vergangenen Sonntag

Angriff auf Syrien südlich der Stadt Hama am vergangenen Sonntag Foto: reuters

JERUSALEM taz | Die Raketenangriffe auf zwei Militärstützpunkte in Syrien könnten Israel und den Iran einem Krieg näher bringen. Anders als bei früheren Angriffen in Syrien, bei denen die Regierung in Damaskus nicht zögerte, Israel die Verantwortung zuzuweisen, blieben offizielle Schuldzuweisungen diesmal aus.

Auch Regierungschef Benjamin Netanjahu kommentierte die Angriffe in der Nacht zum Montag, die zu schweren Explosionen mit zahlreichen Toten führten, nicht. Militärexperten halten es indes für möglich, dass Israel mit den Luftangriffen, die offenbar auch zahlreiche iranische Militärs töteten, einem Vergeltungsschlag iranischer Truppen in Syrien zuvorkommen wollte.

Die Armee steht seit dem Angriff auf den Luftwaffenstützpunkt T-4 bei Homs, der Anfang des Monats sieben Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden das Leben kostete, in Alarmbereitschaft für einen eventuellen Gegenschlag von Seiten der in Syrien stationierten Iraner.

Israels Regierung hält strikt an ihrem Mantra fest, eine dauerhafte Stationierung iranischer Truppen in Syrien „mit allen Mitteln“ zu unterbinden, wie Verteidigungsminister Avigdor Lieberman ankündigte. Umgekehrt setzt Teheran vor allem auf eigene Luftwaffenstützpunkte und moderne Drohnen, die mit Sprengstoff bestückt werden können.

Russland als Vermittler

Vermittler in dem Konflikt könnte Russland sein, das in Syrien in den vergangenen Jahre systematisch die eigene Militärpräsenz ausbaute. Moskau hatte den Luftangriff auf das Lager T-4 mit Unmut gegen Jerusalem kommentiert, hielt sich aber nach den jüngsten Raketenangriffen mit einer Verurteilung zunächst zurück.

Dr. Shaul Shay, Forschungsdirektor des Instituts für Politik und Strategie am Interdisziplinären Zentrum Herzlia, vermutet, dass das Schweigen in Damaskus, in Moskau und auch in Teheran als „Warteperiode“ zu interpretieren sei, „bis man eine Entscheidung trifft“. Keiner der drei Staaten wünsche sich derzeit einen Krieg, dennoch „stecken alle drei in einer problematischen Situation“.

Moskau hatte im Vorfeld der von den USA geleiteten Luftangriffen am 14. April harte Gegenmaßnahmen angekündigt. Teheran wiederum drohte mit Rache für die Bombardierung des T-4-Luftwaffenstützpunktes. Vorläufig bleiben Vergeltungsschläge aus.

Auch Syriens Präsident Baschar al-Assad, „bei dem alles stattfindet“, werde früher oder später reagieren müssen. Shay, der Experte für globalen Dschihad ist, warnt vor einem Kontrollverlust und einer unerwünschten Eskalation, „bei der niemand gewinnen kann“.

Stichtag 12. Mai

Für Teheran könnte der Stichtag 12. Mai mit Grund dafür sein, einen Rachefeldzug gegen Israel aufzuschieben. Dann endet das Ultimatum von US-Präsident Donald Trump für das Iran-Abkommen. Präsident Hassan Ruhani will zwar unter keinen Umständen Änderungen am Atomabkommen zulassen. Eine Wiederaufnahme der Sanktionen seitens der USA wäre jedoch ein harter Schlag für die heimische Wirtschaft. Ruhani zögert möglicherweise damit, Trump aktuell zusätzlich zu provozieren.

Das Weiße Haus zieht in dieser Frage mit Israel am gleichen Strick. „Wir lehnen das Iran-Abkommen so vehement ab, weil es Iran den Weg zum Nuklear-Arsenal öffnet“, erklärte Netanjahu, der am Sonntag in Tel Aviv mit US-Außenminister Mike Pompeo beriet.

Pompeo stärkte dem israelischen Regierungschef den Rücken. „Unsere Sorge gilt der gefährlichen Eskalation durch den Iran und Bedrohungen gegen Israel und die Region“, versicherte er ihm.

Nach Ansicht von Amos Harel, militärischer Analyst der Tageszeitung Haaretz, könnte es sogar noch vor dem 12. Mai zu einer Eskalation des Konflikts kommen. „Die Woche hat gerade erst angefangen“, schrieb Harel am Montag.

Waffenlager aufgestockt

Eine direkte Konfrontation würde umgehend auch die libanesischen Hisbollah-Schiiten einbeziehen, die vom Iran finanziert werden. Seit dem letzten Krieg vor zwölf Jahren hat die Hisbollah ihr Waffenlager auf über 100.000 modernste Raketen aufgestockt.

Damit könnte die schiitische Terrororganisation jeden Punkt in Israel erreichen. „Auch die israelische Armee ist seither stärker geworden“, meint Militärexperte Shay. Dennoch werde der nächste Krieg an Israels Nordgrenze „sehr großen Schaden mit sich bringen“.

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