Parties für lesbische Frauen: Lesben runter von der Couch

Vor einem Jahr verabschiedete sich die L-Tunes aus dem SchwuZ. Geschadet hat es weder der Partyreihe noch dem Club. Und es gibt neue Parties für lesbische Frauen in Berlin.

Angela Schmerfeld, Veranstalterin der L-Tunes Foto: Johanna-Maria Fritz

Wenn es ums Organisieren von lesbischen Partys geht, kann Angela Schmerfeld eigentlich keine*r etwas vormachen. Seit 24 Jahren ist sie schon im Geschäft – und trotzdem war das vergangene Jahr etwas Besonderes. Denn ihre Partyreihe, die L-Tunes, verließ ihre jahrelange Heimat, das SchwuZ, nach mehr als einem Jahrzehnt. Seitdem gibt es für jeden neuen Termin auch eine neue Location: Das Spindler & Klatt oder das Haus Ungarn waren schon dabei, genauso wie das Yaam oder der SkyLiveClub – Orte, die normalerweise völlig unterschiedliche Menschen anziehen.

Und wie ist das bisher? „Sehr schön!“, sagt Schmerfeld. „Ich lerne viele tolle Menschen kennen und bekomme neue Impulse.“ Und sie habe in dem Jahr gelernt, „dass zu viel Routine ein schleichender Kreativitätskiller ist und es gut tut, sich auf Neues einzulassen“. Klingt nicht so, als wünsche sie sich die Zeiten im SchwuZ zurück? „Im Moment finde ich wechselnde Orte fantastisch!“ Eine Rückkehr komplett ausschließen möchte die 52-Jährige allerdings auch nicht.

Das SchwuZ hat unterdessen schon im vergangenen Jahr eine neue Partyreihe für Lesben gestartet. Die „Letz be on“ soll sich von der L-Tunes vor allem „durch die eingeladenen Stargäste“ unterscheiden, erklärt Florian Winkler-Ohm, einer der zwei Geschäftsführer des queeren Clubs im Nordneuköllner Rollberg-Kiez. So seien bereits Gunn Lundemo und Kiyomi Valentine zu Gast gewesen, bekannt aus den Serien „The L-Word“ und „The Real L-Word“. „Daneben setzen wir immer wieder Akzente: Mal zeigen wir lesbische Pornos, mal gibt es Akrobatik oder Drag-King-Shows“, so Winkler-Ohm.

Räume fehlen

Bei der nächsten Ausgabe am 4. Mai wird es zum ersten Mal den „Letz talk“ geben, bei dem über alles geredet werden soll, was die lesbische Szene bewegt. „Wir haben den Eindruck und haben immer wieder gehört, dass Räume fehlen, in denen Lesben miteinander ihre Themen diskutieren können“, erzählt Florian Winkler-Ohm. Und zwar nicht nur auf einem Podium: „Wir wollen einen Raum schaffen, in dem sich alle einmischen und mitmischen können und wo es möglichst wenige Barrieren zum Mitmachen gibt.“

Auch wenn es in erster Linie um Party geht, will das SchwuZ also politische Akzente setzen. Ähnlich macht es die L-Tunes, nur auf eine andere Art, erklärt Angela Schmerfeld: „Ich kooperiere bereits mit unterschiedlichen Institutionen, Gruppen und Projekten aus der Community, um diese in der Partyszene bekannter zu machen, zum Beispiel durch Infostände oder Aktionen.“ Darunter sind das lesbische Überfalltelefon L-Support, der Verein GLADT, der sich vor allem um queere Migrant*innen und People of Color kümmert, oder L-Beach, das sich selbst „Europas größtes Frauenfestival“ nennt.

In Zukunft würde Schmerfeld vor ihrer Party gerne auch mal Podiumsdiskussionen, Networking-Events oder Workshops für Tanz, Coaching oder Drag anbieten. „Ich denke, dass alle, die sich irgendwie zur Szene zählen, auch eine politische Aufgabe haben, zur besseren Vernetzung, zum Austausch und zum Community-Building beizutragen.“

Das Schwule Museum hat sein Café zur einer Dyke-Bar umfunktioniert, passend zum vom Museum ausgerufenen „Jahr der Frau_en“

Hip in der Clubszene

Auf die Frage, was sie über die neue Lesbenparty des SchwuZ denkt, antwortet Schmerfeld diplomatisch: „Das zeigt, dass Lesbenpartys in der Clubszene inzwischen hip geworden sind.“ Das ist nicht falsch: Denn in letzter Zeit sind in Berlin einige neue Partys hinzugekommen.

Im November vergangenen Jahres wurde mit der „Eat Out Berlin“ eine lesbische HipHop-Party wiederbelebt, die vor drei Jahren bereits für Furore sorgte. Im Februar gab es eine weitere Runde, wann die nächste folgt, steht allerdings noch in den Sternen.

Mitte April stieg die erste Ausgabe der „Booty Call“, veranstaltet von der DJ Ace Of Diamonds, die Teil des „No Shade“-Kollektivs für weibliche und non-binary DJs ist. Im August oder September soll es die zweite Ausgabe der Partyreihe geben, bei der vor allem progressive elektronische Musik zu hören ist.

Am 18. Mai startet im Acud Macht Neu mit „Sieistguterjunge“ eine neue Party, bei der House und Techno aufgelegt werden. Sie richtet sich ausschließlich an queere Frauen, Lesben, Inter*- und Trans*-Personen, kurz FLTI*. Der Grund: „Die meisten Partys, wo auch wirklich gute Musik läuft, sind sehr von Männern dominiert, und das wollen wir ändern“, sagt Jesse Gravina, die die Party zusammen mit Toni Schuster ins Leben gerufen hat.

Trotz all dieser neuen Namen: Einen harten Konkurrenzkampf zwischen den Partys gibt es nicht. So wählt Angela Schmerfeld für die L-Tunes immer Termine am letzten oder vorletzten Wochenende des Monats, „um eine gewisse Kontinuität zu schaffen und Überschneidungen mit anderen regelmäßigen Lesbenpartys zu vermeiden.“ Allerdings gibt es im Vergleich zu schwulen Partys deutlich weniger Veranstaltungen speziell für Lesben.

„Jahr der Frau_en“

Auch lesbische Bars und Kneipen sind schon seit Jahren verschwunden, nur queere oder queer-freundliche gibt es noch. Immerhin hat das Schwule Museum seit vergangenem Freitag sein Café zur einer Dyke-Bar umfunktioniert, passend zum vom Museum ausgerufenen „Jahr der Frau_en“ – allerdings nur bis Jahresende.

Im vergangenen Jahr endeten zudem zwei Partyreihen: So war für die „Mermaids“ auf der Insel der Jugend im September nach zwölf Jahren Schluss. Und die erst im April 2017 gestartete Party „Just L“ ist auch schon wieder Geschichte – nach gerade mal drei Ausgaben. Florian Winkler-Ohm formuliert deshalb für seine Lesbenparty „Letz be on“ den Appell: „Es wird immer viel beklagt, dass es zu wenig Lesbenpartys gibt: Also runter von der Couch und rein ins SchwuZ!“

Das gilt im gewissen Sinne auch für die nächste L-Tunes: Denn die wird am Samstag im MAZE stattfinden, einem alternativen Club, der sich ausgerechnet in den alten SchwuZ-Räumen am Mehringdamm befindet. „Das hat nostalgischen Wert und ist trotzdem neu und anders“, sagt Angela Schmerfeld. So ganz werden sie und das SchwuZ also wohl niemals getrennte Wege gehen – und vielleicht auch gar nicht gehen wollen.

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