Diskussion um neues Grundsatzprogramm: Grün ist der Feminismus

Am Freitag starten die Grünen ihren Programmprozess. Eine Gruppe von Frauen fordert vorab: Frauenpolitische Fragen müssen im Mittelpunkt stehen.

Drei Frauen der Grünen

Eine Parteivorsitzende haben die Grünen schon mal: Annalena Baerbock mit Parteikolleginnen Foto: dpa

BERLIN taz | Kurz bevor die Grünen ihre Debatte um ein neues Grundsatzprogramm eröffnen, fordern vier grüne Frauen um Fraktionsvize Katja Dörner von ihrer Partei, „feministisch in die Zukunft zu gehen“. Feminismus sei ein zentraler Grundsatz der Grünen und die Grundlage einer solidarischen Gesellschaft, schreiben sie in einem Aufruf. Die feministische Perspektive solle auf dem Startkonvent des Programmprozesses am Freitag und Samstag deshalb in allen inhaltlichen Bereichen von Ökologie bis Digitalisierung hervorgehoben werden.

„Wir Grüne sind die Partei des Feminismus“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt. Eine der wichtigsten Wurzeln der Partei sei die Frauenbewegung. Spätestens seit #metoo, so die Verfasserinnen, gebe es nun eine neue frauenpolitische Debatte, die in die Breite der Gesellschaft wirke wie seit Jahrzehnten nicht.

In Zeiten, in denen zugleich auch antifeministische Parolen lauter werden, gehe es „um die Machtfrage, um egalitäre gesellschaftliche Strukturen, um Ermächtigung von Frauen und Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen“.

Neues Grundsatzprogramm

Die Grünen wollen sich bis 2020 ein neues Grundsatzprogramm geben. Das jetzige ist 16 Jahre alt – als es verfasst wurde, hatten die Anschläge vom 11. September 2001 gerade die Welt erschüttert, Rot-Grün war an der Regierung. Nun sollen „in neuen Zeiten neue Antworten“ entwickelt werden, wie die beiden Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck in einem Impulspapier schrieben.

Sechs Themen haben sie ausgemacht, mit denen sie auf dem Konvent am Freitag den Startschuss zur Debatte geben wollen, darunter Ökologie, Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie Sicherheits- und Menschenrechtspolitik. Ein eigenes Panel zu Gender oder Feminismus ist nicht vorgesehen.

Ein solches Panel fordern die Frauen um Fraktionsvize Dörner in ihrem Aufruf auch gar nicht. Stattdessen solle die Partei den feministischen Blick in allen Themenbereichen schärfen. „Wir wollen deutlich machen, dass Geschlechtergerechtigkeit keines unter vielen Themen ist“, sagte Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, der taz. „Es ist im Gegenteil das zentrale Thema: Ohne Geschlechtergerechtigkeit gibt es keine Demokratie.“

35 UnterzeichnerInnen in Schlüsselfunktionen

Geschrieben haben Schauws und Dörner das Papier gemeinsam mit Gesine Agena (frauenpolitische Sprecherin der Partei) und Ricarda Lang (Sprecherin der Grünen Jugend). Unterzeichnet haben bis Donnerstagmittag 35 Frauen und Männer in Schlüsselfunktionen, darunter Ex-Parteichefin Claudia Roth, die parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann und die rheinland-pfälzische Frauenministerin Anne Spiegel.

Die Vorsitzende Annalena Baerbock hat laut Schauws zwar aufgrund ihrer Rolle nicht unterzeichnet, trage den Kurs aber aus Überzeugung mit. Das Papier solle nicht als Kritik am Bundesvorstand verstanden werden, sondern als zentraler Beitrag zum Programmprozess.

Zu allen Themenbereichen stellen die Verfasserinnen in ihrem Papier Fragen, die genderpolitische Belange wie Care-Arbeit, Zugang von Frauen und Mädchen zu Wissen oder Fragen der Reproduktionsmedizin betreffen. „Wie unterstützen wir durch Klimaschutzmaßnahmen die Rechte von Frauen und Mädchen in Ländern des globalen Südens?“, heißt es zum Beispiel. „Wie können wir die überwiegend von Frauen geleistete unsichtbare Arbeit sichtbar machen, angemessen honorieren und gerecht zwischen den Geschlechtern verteilen?“ Oder: „Wie stellen wir sicher, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, Frauen in Friedensprozessen zu beteiligen?“

Im Frühjahr 2020, zum 40. Geburtstag der Grünen, soll das neue Programm stehen. Den Grünen als „progressive und emanzipatorische Kraft“, schreiben die vier grünen Frauen, obliege in Sachen Feminismus dabei besondere Verantwortung. Der wolle man, sagte Ulle Schauws, „nun offensiv begegnen“.

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