Geberkonferenz für Kongo: Tauziehen um humanitäre Hilfe

Kongos Regierung lehnt eine internationale Geberkonferenz ab. Die soll in Genf humanitäre Milliardenhilfen mobilisieren.

Ein Mann zwischen Zelten

Es werden immer mehr: Kriegsvertriebene im Kongo. Hier in Bunia, 11. April Foto: reuters

BERLIN taz | Es soll die große internationale Gala werden, auf der endlich humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung der Demokratischen Republik Kongo mobilisiert wird: die internationale Kongo-Geberkonferenz in Genf am Freitag.

Gemeinsam geleitet von der UNO, der EU und der Regierung der Niederlande, soll das Treffen „in Reaktion auf die dramatische Verschlechterung der humanitären Situation“ 1,68 Milliarden US-Dollar Hilfsgelder in diesem Jahr mobilisieren, doppelt so viel wie 2017.

Mit dem Geld sollen 10,5 Millionen Menschen in dem 80 Millionen Einwohner zählenden Land am Leben gehalten werden. Insgesamt 13,1 Millionen Kongolesen sind nach UN-Angaben auf internationale Hilfe angewiesen; 7,7 Millionen Menschen haben zu wenig zu essen, 30 Prozent mehr als vor einem Jahr. 4,5 Millionen Menschen sind innerhalb der Landesgrenzen vertrieben, 750.000 weitere sind in Nachbarländer geflohen.

Bisher sind von den 1,7 Milliarden benötigten US-Dollar nur 201,1 Millionen vorhanden. Größte Einzelspender sind die USA, Schweden und Deutschland. Schon im vergangenen Jahr wurde der viel kleinere UN-Hilfsappell nur zu 60 Prozent finanziert.

„Souveränität des Landes“

Das Besondere an dem Genfer Treffen ist, dass Kongos Regierung es ablehnt, selbst nicht daran teilnehmen wird und aktive Lobbyarbeit betreibt, damit Geberländer daran nicht teilnehmen. Einen „die Souveränität des Landes nicht respektierenden Unilateralismus“ nannte Kongos Außenminister Leonard She Okitundu die Genfer Konferenz am 3. April.

Die Darstellung der Lage im Kongo durch Hilfswerke, so hieß es weiter, sei „übertrieben“. Besonders empörend sei die Ausrufung der höchsten humanitären Alarmstufe „L3“ durch die UNO in den besonders von Milizenkriegen geprägten Provinzen Kasai-Central, Süd-Kivu und Tanganyika.

Dies, so das Außenministerium, „erzeugt das Bild einer extremen und allgemeinen Katastrophe, die die Lage im Kongo mit der in gewissen Ländern der Welt gleichsetzt, wo sich Kriege hoher Intensität unter Beteiligung der Armeen mehrerer Länder abspielen“. Im Kongo gehe es aber bloß um „Angriffe terroristischer und krimineller Gruppen.“

In einer eigenen Zählung hatte Kongos Regierung zuvor festgestellt, es gebe im Land nicht 4,5 Millionen Binnenflüchtlinge, sondern bloß 231.241. Gezählt wurden dabei allerdings offenbar nur jene in staatlichen Flüchtlingsaufnahmestellen – die meisten Vertriebenen im Kongo kommen bei Gastfamilien unter. Zugleich verschickte die Regierung Briefe an Partnerregierungen mit der Aufforderung, der Genfer Konferenz fernzubleiben.

Dies zeigte Wirkung. Am 4. April versprach UN-Nothilfekoordinator Marc Lowcock, die L3-Alarmstufe werde bald „deaktiviert“. Die regierungstreue Zeitung L’Avenir in Kinshasa titelte daraufhin: „Die UNO kapituliert“ – am Tag, an dem UN-Flüchtlingshochkommissar Fi­li­ppo Grandi Kinshasa besuchte.

„Der Kongo steht in der Pflicht“

Basisaktivisten in Kongos Kriegsgebieten fühlen sich alleingelassen. „Wir werden von Leuten regiert, die uns nicht mögen“, erklärte Denis Mukwege, Leiter der weltberühmten Station für die Opfer sexualisierter Gewalt im Panzi-Krankenhaus von Bukavu, Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu.

Evariste Mfaume, Leiter der zivilgesellschaftlichen Gruppe SVH (Solidarité des Volontaires pur l’Humanité) in Süd-Kivu bekräftigte in einem Brief an die UNO, dass die Bedürfnisse der Bevölkerung „enorm“ seien, und folgerte: „Der Kongo steht in der Pflicht, seine Verantwortung nachzukommen, und sollte daher an der Geberkonferenz teilnehmen. Das ist keine politische Frage, sondern eine humanitäre.“

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