Lage in Syrien: Ost-Ghouta fällt – mit einer Ausnahme

Douma ist die größte Stadt der Rebellenenklave Syriens. Die Rebellen dort wollen als einzige nicht abziehen und scheinen mit Russland zu verhandeln.

Viele Menschen gehen eine sandig-steinige Straße entlang, im Hintergrund Häuser

Menschen aus der Ost-Ghouta verlassen ihr zu Hause Foto: ap

Syriens Regierung sieht sich als Sieger. Die Ost-Ghouta, die jahrelang belagerte Rebellenenklave am östlichen Stadtrand von Damaskus, ist nach fünf Wochen Dauerbeschuss mit fast ununterbrochenen massiven Luftangriffen fast komplett gefallen. Erst rückten Elitesoldaten der Regierung in die ländlichen östlichen Gebiete ein, dann isolierten sie die Vorstädte von Damaskus voneinander, bis drei voneinander getrennte Enklaven übrigblieben. Zwei von ihnen – Harasta sowie die südlich gelegene Region um Erbin – sind von den Rebellen übergeben worden. Zahlreiche bewaffnete Kämpfer sowie verwundete Zivilisten wurden in Bussen der Regierung evakuiert und in die Provinz Idlib gebracht, das letzte verbliebene große Rebellengebiet Syriens im Nordwesten des Landes, das ebenfalls mittlerweile täglich bombardiert wird.

Die dritte und letzte Rebellenenklave aber bleibt: Douma, mit 150.000 Einwohnern die größte Stadt der Ost-Ghouta und Hochburg der bewaffneten Gruppe Dschaisch al-Islam (Armee des Islam). Sie ist die stärkste der ehemals drei verschiedenen Rebellenarmeen der Ost-Ghouta, deren Mangel an Koordination untereinander entscheidend zum Fall der Enklaven beitrug. Anders als die anderen beiden Armeen führte sie keine verlustreichen Rückzugsgefechte. Gleich nach Beginn der Regierungsoffensive bunkerte sie ihre schweren Waffen und igelte sich in Douma ein. Beobachtern zufolge verhandelt sie jetzt mit Russland darüber, die Kontrolle über die Stadt zu behalten. „Die Verhandlungen drehen sich um unseren Verbleib und nicht um unseren Abzug“, sagte der Sprecher der Gruppe, Hamza Bayrakdar, in einem Radiointerview.

Das entspricht der russischen Vorstellung von Frieden in Syrien: Assads Vormachtstellung unangefochten, aber lokale Kräfte wie die kurdische YPG im Nordosten oder eben lokale Milizen als geduldete Ordnungsmacht. Die syrische Regierung macht hingegen keinen Hehl daraus, dass sie das gesamte Land wieder vollständig unter Kontrolle bringen möchte.

Beobachter sehen zwei Gründe für die Hartnäckigkeit der Dschaisch al-Islam. Einer ist ihre Kampfkraft: Sie hat nach Angaben des YPG-nahen „Syrian Rebellion Observatory“ über 9.000 kriegserfahrene Soldaten unter Waffen, ausgerüstet mit über 30 Panzern und 150 schweren Artilleriegeschützen. Der zweite ist, dass sie als ein alter Gegner der in Idlib dominierenden Al-Qaida-nahen Rebellen gilt, die zwar von Türkei-nahen Gruppen bekämpft werden, aber erhebliche Macht ausüben.

Berichten zufolge haben bis Montagmittag rund 115.000 Menschen die Ost-Ghouta verlassen. Regierungspropaganda zeigt Verbrüderungsszenen zwischen Regierungssoldaten und bisher belagerten Bewohnern. Andere Berichte bezeugen Verhaftungen und zuletzt die Hinrichtung von 23 Menschen im Ort Kafr Batna durch Regierungsmilizen. Nach Angaben von Aktivisten sind bei der Regierungsoffensive in der Ost-Ghouta insgesamt 1.575 Zivilisten getötet worden.

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