Proteste gegen Festnahme Puigdemonts: Mindestens hundert Verletzte

In Katalonien gab es bei Zusammenstößen von Polizei und Demonstranten Verletzte und Festnahmen. Am Montag wird Puigdemont einem Richter vorgeführt.

Menschen mit katalonischen Fahnen stehen Polizisten gegenüber

Proteste am Sonntag in Barcelona Foto: dpa

BARCELONA/BERLIN dpa/afp | Bei Protesten in Katalonien gegen die Festnahme von Separatistenführer Carles Puigdemont in Deutschland sind mindestens hundert Menschen verletzt worden. Zwischen 80 und 100 wurden allein in der regionalen Hauptstadt Barcelona verletzt, wo am Sonntagabend mehr als 50.000 Menschen auf die Straße gegangen waren, berichteten Rettungskräfte. Es gab mindestens vier Festnahmen. Auch zwischen 10 und 20 Beamte erlitten dort Verletzungen.

Die Demonstranten schleuderten Eier, Flaschen und Eisengitter gegen die Polizisten und versuchten, sie mit Müllcontainern zu bedrängen. Diese setzen Schlagstöcke ein und gaben Warnschüsse in die Luft ab. Auch in anderen Orten Kataloniens wurde gegen die Festnahme protestiert. Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und der Unabhängigkeitsbewegung und der Polizei wurden aus Lleida, 150 Kilometer westlich von Barcelona, und Tarragona im Süden der Region gemeldet. Auch dort gab es Verletzte.

Der Präsident des katalanischen Parlaments, Roger Torrent, rief die Demonstranten zur Ruhe auf. „Ich habe keinen Zweifel, dass die katalanischen Bürger so handeln werden, wie sie es immer getan haben, auf gewaltlose Weise“, sagte er im Regionalfernsehen.

Puigdemont war am Sonntag aufgrund eines Europäischen Haftbefehls bei der Einreise aus Dänemark in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Seine Festnahme und mögliche Auslieferung an Spanien ist die jüngste Wendung in dem Konflikt um Kataloniens Abspaltung von Spanien, der nach dem Referendum und der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit der Region im Oktober eskaliert war.

Puigdemont wurde damals als Regionalpräsident abgesetzt und floh ins belgische Exil, um seiner Festnahme in Spanien zu entgehen. Am Freitag reaktivierte das Oberste Gericht in Madrid dann den Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont, der sich zu diesem Zeitpunkt zu einem Besuch in Finnland aufhielt. Bei seiner Rückreise nach Belgien wurde sein Auto schließlich von der schleswig-holsteinischen Landespolizei gestoppt und Puigdemont festgenommen.

Puigdemont drohen 30 Jahre Haft

Er wird in Spanien wegen „Rebellion“, „Aufwiegelung“ und des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder gesucht. Das Oberste Gericht erhob am Freitag wegen des Vorwurfs der Rebellion formell Anklage gegen Puigdemont und zwölf seiner Mitstreiter. Ihnen drohen bis zu 30 Jahre Haft.

Am Montag soll der ehemalige katalanische Regionalpräsident einem Amtsrichter vorgeführt werden. Das Gericht werde zunächst lediglich die Identität Puigdemonts prüfen, erklärte die schleswig-holsteinische Generalstaatsanwaltschaft. Ob er in Auslieferungshaft genommen wird, werde dann das Oberlandesgericht in Schleswig entscheiden. Das Gericht werde zudem prüfen, ob eine Überstellung Puigdemonts an die spanischen Behörden „rechtlich zulässig ist“. Über eine Auslieferung befindet abschließend dann die Generalstaatsanwaltschaft.

Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) lobte die Arbeit der Landespolizei. Sie sei „ihrer Aufgabe in vorbildlicher Weise nachgekommen“. Die Linke bezeichnete die Festnahme hingegen als „Schande“. Die Strafverfolgung sei „ganz offensichtlich politisch motiviert“, erklärte der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko. „Ich erwarte, dass Puigdemont umgehend freigelassen wird.“

Im Visier des spanischen Geheimdienstes

Laut einem Bericht der Kieler Nachrichten hatten die finnischen Sicherheitsbehörden das Bundeskriminalamt (BKA) über die Abreise Puigdemonts informiert. Das BKA habe dann den entscheidenden Hinweis an das Landeskriminalamt in Schleswig-Holstein gegeben. Nach Focus-Informationen hatte auch der spanische Geheimdienst Puigdemont die ganze Zeit im Visier und alarmierte das BKA über dessen Reisepläne.

Puigdemont prüfe nun einen Asylantrag in Deutschland zu stellen, berichteten die Kieler Nachrichten unter Berufung auf Justizkreise. „Sollte er dies tun, wird der Asylantrag wie jeder andere vom Bundesamt für Migration geprüft werden“, sagte ein Ministeriumssprecher in Kiel der Zeitung. Allerdings stünden die Chancen nicht gut: „Strafverfolgung beziehungsweise die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls hat Vorrang vor einem Asylverfahren“, sagte ein Sprecher des Kieler Innenministeriums der Zeitung.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte in der ARD, das Verfahren liege „zunächst in den Händen der schleswig-holsteinischen Behörden“. Dies gelte es „jetzt erst mal abzuwarten“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.