Zweifel nach Brandanschlag: Selbstkritische Autonome

Drei Monate nach ihrem Brandanschlag auf einen Laster in Bremen Gröpelingen räumen die Täter*innen Fehler ein. Fahrlässig finden sie ihre Aktion trotzdem nicht.

Ein Ergebnis des Anschlags war dieser ausgebrannte LKW in Bremen-Gröpelingen Foto: Polizei Bremen

BREMEN taz | Fast drei Monate nach ihrem Brandanschlag auf einen Laster des Betonwerks Thielen äußern die TäterInnen nun „Zweifel“ an der Aktion, weil sie „beinahe das Leben eines Unbeteiligten gekostet hätte“. Zugleich verteidigten die Autonomen auf dem Portal de.indymedia.org erneut den Anschlag: die Aktion reihe sich in „einen vielfältigen und legitimen Widerstand gegen Nazis und Rassismus“ ein.

Bisher Unbekannte hatten in der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember vergangenen Jahres auf dem Firmengelände im Stadtteil Gröpelingen einen Lastwagen in Brand gesteckt. Neben dem Laster, der völlig ausbrannte, stand ein weiterer – und darin schlief ein Fahrer. Durch Geräusche wachte er auf und konnte sich und den LKW gerade noch in Sicherheit bringen und die Feuerwehr benachrichtigen.

Der 38-Jährige leidet noch heute gesundheitlich unter den Folgen des Anschlags, berichtete der Weser-Kurier. Die Firma hat den Fahrer mittlerweile entlassen: Der Schaden – die Polizei bezifferte ihn auf 200.000 Euro – zwinge sie zu „drastischen Einsparungen“, hieß es zur Begründung.

Die Staatsanwaltschaft stufte die Tat als „versuchtes Tötungsdelikt“ ein und setzte auf Hinweise zur Ergreifung der Täter eine Belohnung von 3.000 Euro aus. „Die Ausführung der Aktion war nicht fahrlässig“, erklären die BekennerInnen unter der Überschrift “Eine bittere Lektion über Feuer und Militanz“.

Mit dem Text wollen sie nach eigenem Bekunden dazu beitragen, dass andere Militante „unseren Fehler nicht wiederholen“ – schließlich sei ein Brandanschlag „eine Handlung mit höchster Verantwortung“. Und „mit etwas Pech“ hätte der Fahrer „die Nacht nicht überlebt“. Weiter schreiben die TäterInnen: Die „fatale Auswirkung“ habe sie sprachlos gemacht und „intensiv beschäftigt“. Es dürfe nicht passieren, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen.

Anderen Linksradikalen empfehlen die TäterInnen „penible Sicherheitsvorkehrungen“ und eine „sorgfältige Vorbereitung“, sollten Fahrzeuge oder Gebäude in Brand gesetzt werden. Von der Tat als solcher distanzieren sie sich nicht – Gewalt gegen Fahrzeuge „von Nazis und Rechtspopulisten“ sei „keine Besonderheit“

Den Anschlag selbst sehen die TäterInnen als „eine von vielen direkten Antworten auf den Aufschwung des Rechtspopulismus in der BRD“. Der Firmengründer des Betonwerks Thielen zog 1947 für die CDU in die Bremer Bürgerschaft ein, beteiligte sich später aber an der Gründung der NPD, wurde ihr erster Bundesvorsitzender und verließ 1967 die Partei.

Im September vergangen Jahres hatte der jetzige Firmeninhaber Friedrich-Carl Thielen der Alternative für Deutschland (AfD) erlaubt, das Gelände für ein Wahlkampffahrzeug zu nutzen. Die Verbindung zwischen der Firma und der AfD wird auch von Gerald Höns, AfD-Mitglied im Beirat Walle, auf Nachfrage der taz nicht bestritten. Das Betonwerk Thielen sei “eine Firma aus NPD-Mitgliedern“, heißt es in dem ursprünglichen Bekennerschreiben vom 28. Dezember 2017 schlicht.

Man habe „nicht damit gerechnet, dass an einem Feiertag auf einem umzäunten Firmengelände ein Fahrer in seinem Fahrzeug schläft“, schreiben die TäterInnen in ihrer Erklärung. Das war aus heutiger Sicht ihr einziger Fehler: Denn die Arbeitsverhältnisse seien „flexibel und dereguliert“, so dass man überall nachts auf arbeitende oder schlafende Menschen treffen könne. „Nicht zuletzt sind es Lohnabhängige aus anderen Ländern, die sich keine Wohnung leisten können und ihre Nacht am unterbezahlten Arbeitsplatz verbringen müssen.“

Anderen Linksradikalen empfehlen sie deshalb „penible Sicherheitsvorkehrungen“ und eine „sorgfältige Vorbereitung“, sollten Fahrzeuge oder Gebäude in Brand gesetzt werden. Von der Tat als solcher distanzieren sie sich nicht – Gewalt gegen Fahrzeuge „von Nazis und Rechtspopulisten“ sei „keine Besonderheit“.

Die AfD bietet nach eigenen Aussagen inzwischen 25.000 Euro für konkrete Informationen, die zur Ermittlung der TäterInnen durch die Polizei führen. Aktuell gebe es aber „leider keine neuen Ermittlungsergebnisse“, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag auf Nachfrage der taz mit.

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