Vor Inkrafttreten der US-Stahlsanktionen: Erfolg von WTO-Klage unsicher

Wirtschaftsminister Peter Altmaier bemüht sich um Ausnahmen bei US-Schutzzöllen. Die EU denkt über eine WTO-Klage nach. Scheitern könnte beides.

Donald Trump hält ein unterzeichnetes Dekret hoch

Donald Trump hält am 8. März die unterzeichnete Proklamation zu Aluminiumimporten hoch Foto: dpa

GENF taz | Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und EUHandelskommissarin Cecila Malmström bemühen sich seit Montag in Washington um Ausnahmen für die EU von den durch US-Präsident Donald Trump verhängten Schutzzölle gegen Stahl- und Aluminumimporte. Für den Fall des Scheiterns dieser Bemühungen prüft Malmströms Brüsseler Stab bereits die Möglichkeit, die USA vor der Welthandelsorganisation (WTO) zu verklagen.

Zu diesem Vorgehen hatte unter anderen Bundesbankpräsident Jens Weidmann der EU geraten. Brasilien, nach Kanada zweitgrößter Stahlimporteur in die USA, hat eine gemeinsame Klage mit weiteren Ländern angedroht, sollten die US-Zölle am Freitag dieser Woche tatsächlich in Kraft treten.

Das für die Behandlung solcher Klagen zuständige Streitschlichtungs-Panel der WTO ist wegen Obstruktion der Trump-Administration derzeit allerdings nicht funktionsfähig. Zudem ist keineswegs ausgeschlossen, dass die USA im Falle eines Verfahrens vor der WTO Recht bekämen.

Altmaier erklärte nach einem ersten Treffen mit US-Handelsminister Wilbur Ross am Montagabend, „auf beiden Seiten“ sei der „Eindruck“ entstanden, dass eine „Lösung“ zur Abwendung eines Handelskriegs noch in dieser Woche erreichbar sei. Ein für Dienstag angekündigtes Treffen Altmaiers mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer wurde allerdings kurzfristig abgesagt. Bislang sind von den US-Zöllen nur Kanada und Mexiko ausgenommen, die beiden Partner der USA in der Nordamerikanischen Freihandelszone.

USA produziert mangelhaft

Das Streitschlichtungs-Panel der WTO ist nicht handlungsfähig, weil die Trump-Administration seit über einem Jahr die Neubesetzung von drei vakanten Richterpositionen blockiert. Nach den WTO-Regeln ist für diese Personalentscheidungen der Konsens aller 164 Mitgliedsstaaten erforderlich. Weil Stahl und Aluminium zu den wichtigsten Rohstoffen für die Herstellung von Rüstungsgütern gehören, rechtfertigt die Trump-Regierung ihre Zölle zum Schutz der einheimischen Industrie gegen ausländische Importe mit „nationalen Sicherheitsinteressen“.

Das Problem ist allerdings nicht der Mangel an Produk­tions­kapazitäten in den USA, sondern ein Mangel an Qualität des dort erzeugten Stahls und Aluminiums. Aus diesem Grund wird zum Beispiel die 120-Millimeter-Glattrohrkanone des M1-Abrams-Kampfpanzers der US-Streitkräfte bereits seit 1984 mit Stahl aus Deutschland hergestellt. Trump beruft sich auf Ausnahmeregeln von Freihandelsverträgen, die bereits 1947 im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) vereinbart und wortgleich in das Statut der 1994 gegründeten WTO übernommen wurden. Danach kann ein Land Wirtschaftsbeziehungen mit anderen Staaten einschränken oder gar ganz einstellen unter Berufung auf „wesentliche Sicherheitsinteressen“.

Von dieser Ausnahmeregel haben seit Gründung der WTO bislang nur die Vereinigten Arabischen Emirate Gebrauch gemacht, um die Wirtschaftssanktionen zu rechtfertigen, die sie 2017 mit Saudi-Arabien und anderen Ländern gegen Katar verhängten. Die Klage Katars gegen diese Sanktionen ist noch vor dem WTO-Streitschlichtung-Panel anhängig.

In den 47 GATT-Jahren vor 1994 gab es allerdings mehrere Fälle. Während des Falklandkrieges 1982 rechtfertigten Australien, Kanada und der EU-Vorläufer EWG ihre Einschränkungen des Handels mit Argentinien und 1985 die USA ihren Wirtschaftsboykott gegen Nicaragua mit „wesentlichen Sicherheitsinteressen“. Und bereits 1975 begründete Schweden die Beschränkung ausländischer Schuhimporte mit dem „Sicherheitsinteresse“ des Landes, in „allen lebenswichtigen Industriebranchen eine eigenständige nationale Produktion aufrechtzuerhalten“.

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