Kommentar Berliner Mobilitätsgesetz: Helme verhindern keine Unfälle

Der Berliner Senat plant eine Helm­pflicht für radfahrende Kinder. Sie macht den Verkehr nicht sicherer. Ein Radverkehrsaktivist kommentiert.

Kind mit Fahrradhelm

Helme tragen nicht zu einer fahrradfreundlichen Politik bei Foto: dpa

Wie widerspricht man am besten der eigenen Politik? Das versucht der Berliner Senat derzeit in Sachen Mobilitätspolitik vorzumachen. Damit der Radverkehr in der Hauptstadt in Fahrt kommt, erhält Berlin ein eigenes Mobilitätsgesetz. Das sieht zum Beispiel vor, dass jede Hauptverkehrsstraße einen Radfahrstreifen bekommt, der breit genug zum Überholen ist und genug Abstand zu parkenden Autos gewährleistet. So weit, so fortschrittlich.

Doch wie passt dazu die jüngste Bundesrats­initiative der Senatskanzlei zur Einführung einer Helm­pflicht für Kinder? Gar nicht. Sie macht das Radfahren weder sicherer, noch überzeugt sie jemanden davon, öfter das Fahrrad zu nutzen.

Fast 80 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen trugen laut Bundesanstalt für Straßenwesen 2016 beim Radfahren einen Helm. Wer hier noch Regelungsbedarf sieht, macht das Radfahren nur unnötig kompliziert und sucht den ersten Schritt zu einer allgemeinen Helm­pflicht. Kein Fahrradhelm hat es bisher fertiggebracht, einen Unfall zu verhindern. Er mag zwar in Einzelfällen die Unfallfolgen lindern, aber für die Entscheidung, einen Helm zu tragen, sollte der Einzelne selbst verantwortlich sein.

Das Land Berlin hingegen trägt in erster Linie Verantwortung dafür, dass das Radfahren selbst sicherer wird. Es sollte sich auf Maßnahmen konzentrieren, die dazu beitragen, dass es gar nicht erst zu Unfällen kommt.

Ein unerfreulicher Nebeneffekt einer Helmpflicht ist nämlich, dass sie sich insgesamt negativ auf den Radverkehr auswirkt. Sie suggeriert nicht nur, dass Radfahren gefährlich ist und man sich unbedingt schützen muss, wenn man sich für dieses Verkehrsmittel entscheidet. Eine australische Studie hat auch herausgefunden, dass die Zahl der Radfahrer abnimmt, wenn man sie zwingt, einen Helm zu tragen. Unter den jüngeren sogar um 30 Prozent.

Das wiederum erhöht das Risiko für die übrig gebliebenen Radfahrer: Je weniger Radfahrer auf der Straße, desto rücksichtsloser ist das Verhalten der Autofahrer. Mit der Helmpflicht erreicht man das Gegenteil von dem, was man will: den Radverkehr fördern.

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Daniel Doerk lebt in Osnabrück und wirbt für bessere Bedingungen im Radverkehr. Er bloggt unter www.itstartedwithafight.de zu allem, was mit Fahr­rädern und Verkehrspolitik zu tun hat.

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