Kommentar Regierungsbildung: Zweimal zweite Wahl

Merkel, Seehofer und Schulz im Schloss Bellevue: Der Bundespräsident muss die entfremdeten Ex-Koalitionäre wieder zusammenkriegen. Nur wie?

Merkel und andere verlassen das Schloss Bellevue

Nächtliches Treiben im Schloss Bellevue: Es wird wieder gewaltig sondiert Foto: dpa

Schloss Bellevue im Dunkeln. Limousinen treffen ein, Menschen steigen aus. Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz sind am Donnerstagabend mit dem Bundespräsidenten zu einer Art Eheanbahnungsgespräch verabredet. Zwei Stunden später öffnet sich das Portal erneut, alle steigen wieder in ihre Wagen. Und ab geht es in die Berliner Nacht.

Immerhin, das Gespräch bei Frank-Walter Steinmeier hat länger gedauert als geplant. Die KandidatInnen werden also an diesem Freitag ihren Parteigremien etwas zu berichten haben. Aber ist das schon der Durchbruch? Weiß Gott nicht. Und selbst wenn sich in den kommenden Wochen Union und SPD auf eine Wiederauflage der Großen Koalition einigen – es bliebe eine Vernunftehe. Zweimal zweite Wahl. Das ist, man muss es leider sagen, keine gute Nachricht für dieses Land.

Dass CDU/CSU und SPD sich von einer Neuauflage ihrer ohnehin komplett festgefahrenen Beziehung überzeugen lassen, mag staatspolitisch das Richtige sein. Das Ganze fühlt sich jedoch an wie bei einem verkrachten Ehepaar: Wir bleiben zusammen, bis die Kinder aus dem Gröbsten raus sind. Das nennt man dann wohl Verantwortungsbewusstsein. Aber es bliebe damit bei jenem Weiter-So, das im zurückliegenden Wahlsommer so vehement kritisiert wurde.

Ja, die Großkoalitionäre haben das Land irgendwie durch schwere Zeiten geschifft. Aber die Kompromisse waren schal, eine kluge Antwort auf nicht länger zu ignorierende gesellschaftliche Brüche blieb aus bis zum Schluss. Das Durchwurschteln musste endlich zu einem Ende kommen. Und ja, nach der Wahl sah es gut aus für Jamaika.

Mehr als zwei Monate nach der Wahl schauen sich die Partner wieder tief in die Augen und versuchen sich an Gemeinsamkeiten zu erinnern

Aber nun, mehr als zwei Monate nach der Wahl, schauen sich die Partner doch wieder tief in die Augen und versuchen sich an Gemeinsamkeiten zu erinnern. Die SPD nun als Umfallerpartei zu schmähen, wäre unredlich. Nicht sie ist schuld an dem entstandenen Dilemma – sondern Christian Lindners FDP. Und der hochmütige Ton mancher Unions-Politiker, die Sozialdemokraten sollten jetzt nicht kiebig werden und gefälligst ihre Ansprüche im Zaum halten, gemahnt ungut an die zurückliegenden vier Jahre. Bei CDU und CSU muss die Einsicht offenbar erst noch reifen, dass unter ihrer Führung Jamaika gescheitert ist. Es wäre eine fällige Übung in Demut.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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