Pulse of Europe unterstützt Macron: EU zur eigenen Sache machen

Die Bürgerbewegung Pulse of Europe unterstützt Macrons Idee demokratischer Konvente. Sie sollen mehr Einfluss der EU-Bürger ermöglichen.

Eine Frau hat einen gemalten Stern auf der Wange

Der Traum von einem geeinten Europa Foto: dpa

BERLIN taz | Eine neue Möglichkeit tut sich auf. „Demokratische Konvente“ zur „Neugründung Europas“ hat Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron vorgeschlagen. Nun ist die Frage: Welche Rolle spielen die Bürger*innen dabei? Auf Demonstrationen unter anderem in Lissabon, Paris, Wien und Warschau will die Organisation Pulse of Europe (PoE) am kommenden Samstag erste Antworten geben. Bei der Kundgebung in Berlin spricht unter anderem Exaußenminister Joschka Fischer.

Die Bewegung, die in Hunderten Städten aktiv ist, hat bei ihrem Netzwerktreffen Mitte November in Luxemburg beschlossen, an „wirkungsvollen Bürgerbeteiligungsmodellen“ zu arbeiten, sagt Alexander Knigge von PoE Berlin. „Wir planen, neue Dialogformen zwischen Politik und Bürgern auf europäischer Ebene zu fordern und möglicherweise gleich auch selbst auszuprobieren.“

Man will die Macron-Initiative vorantreiben. Der französische Präsident plädiert für ein „souveränes, geeintes und demokratisches“ Europa, das die Grenzen zwischen den Staaten zunehmend überwindet. In der deutschen Politik spielt das bisher keine wesentliche Rolle, bei den geplatzten Sondierungen zwischen Union, FDP und Grünen kam es nur am Rande vor.

PoE Berlin kooperiert nun mit Raban Fuhrmann, einem Entwickler von Modellen der Bürgerbeteiligung. Von ihm stammt das Verfahren der sogenannten Hausparlamente. Dieses kann idealtypisch so funktionieren: Eine politische Institution, beispielsweise das Europaparlament, beauftragt Bür­ge­r*innen, sie zu beraten. Diese laden jeweils fünf bis acht Bekannte oder Freunde zu sich nach Hause ein, um ein bestimmtes Thema zu diskutieren. Die Voten der Versammlungen werden durch eine professionelle Agentur aufbereitet und dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Dieser darf die Positionen nicht ignorieren, sondern muss mindestens erklären, wie er sie bewertet.

„Macron macht den Raum dafür auf“

„Einen Prozess, der sich auf solche Hausparlamente stützt, könnte Pulse of Europe selbst organisieren“, sagt Fuhrmann. „Wir brauchen eine neue paneuropäische Beratungskammer, in der die Bürger vertreten sind.“

Die Diskussion, ob und wie man die EU mit mehr Demokratie stabilisieren kann, läuft an vielen Stellen. Der grünen Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock schweben „Townhall-Meetings“ vor, „bei denen europäische Spitzenpolitiker und Vertreter der jeweiligen Region mit den Bürger*innen sowohl über die Zukunft Europas als auch konkrete Projekte wie die Vor- und Nachteile einer transnationalen Arbeitslosenversicherung diskutieren. Die Anregungen müssten dann aber auch in die konkrete politische Gestaltung einfließen.“

Die Politologin Patrizia Nanz von der Uni Potsdam plädiert zusammen mit Claus Leggewie „für ein transnationales Netz von lokalen, regionalen und nationalen Zukunftsräten, die schließlich gemeinsame Empfehlungen an die EU-Institutionen schicken“. Diese Räte könnten in den Mitgliedstaaten der EU per Los aus der Bevölkerung bestimmt werden.

Radikaler geht Ulrike Guérot, Professorin der Uni Krems, an die Sache heran. Anstatt auf Aufträge zu warten oder sich mit Beratung zufriedenzugeben, könnten sich die Bürger*innen „selbst ermächtigen“ und eine „verfassunggebende Versammlung“ einberufen. „Macron macht den Raum dafür auf“, so Guérot. Sie empfiehlt PoE, eine solche revolutionäre Versammlung modellhaft durchzuspielen, um zu zeigen, was möglich wäre. „Das europäische Projekt liegt in unseren Händen“, sagt Guérot.

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