Brutale Kindervideos auf Youtube: Monster zersägt Comicfigur

Youtube-Trash-Videos locken massenhaft Kinder – und zeigen stilisierte Gewalt. Google sieht das nicht als Problem.

Menschen in Kostümen stellen Peppa Wutz und andere Charaktere aus der gleichnahmigen Kinderserie dar

Hier sind Peppa Wutz und ihre Freunde noch fröhlich… Foto: Imago/Zuma Press

BERLIN taz | Ein Clown schleicht sich ins Zimmer. Im Bett liegt die Comicfigur Hulk. Der Clown holt mit einer Nachttischlampe aus und schlägt auf Hulk ein. Szenenwechsel: Eine Frau geht durch ein Wohnzimmer. Im Hintergrund sieht man ein schwarzes Monster durch den Flur laufen. Die Frau geht in die Küche und wäscht sich die Hände. Von hinten nähert sich das Monster und zielt mit einer Sprühflasche auf die Frau. Ein Blitz erscheint an ihren Kopf. Sie sinkt zusammen und schlägt hart auf dem Boden auf. Diese Ausschnitte stammen aus einem animierten Video auf Youtube, dessen Titel die Begriffe „Bildung“ und „Lernvideo“ enthält. Der Kanal, der das Video hochgeladen hat, heißt „Animals For Kids“ und hat über 141 Millionen Videoaufrufe.

Solche Videos sind kein Einzelfall, wie der britische Künstler und Autor James Bridle kürzlich dargelegt hat. Da ist zum Beispiel das Schwein Peppa Wutz aus der gleichnamigen britischen Kinderserie. In einem Filmchen verletzt ein Monster die Zeichentrickfigur mit einer Säge, ein Rettungswagen muss kommen. In einer anderen Sequenz schießen Comicfiguren mit Automatikgewehren auf herannahende Haifische, die dadurch ihre Farbe wechseln, welche dann praktischerweise angesagt wird. Lernen durch Schießen? Das ist pädagogisch fragwürdig.

Derartig verstörende Videos finde sich zuhauf auf der Videoplattform Youtube, die zu Google gehört. Mit ihren Titeln, Charakteren und der Musikauswahl richten sie sich an Kinder. Der Inhalt allerdings ist oft Trash, manchmal brutal.

Was die Kanäle, die solche Videos anbieten, gemein haben, sind hohe Klickzahlen und wenig Informationen über die Produzenten. Die Anbieter verdienen Geld über Werbung, die vor und neben ihren Videos gezeigt wird.

Youtube reagiert ausweichend

Google-Pressesprecher Henning Dorstewitz reagiert auf Fragen der taz zu dem Thema ausweichend und verweist auf die im letzten Jahr geänderten Werberichtlinien. Demnach werde beispielsweise bei „unangemessene[r] Verwendung von Figuren der Familienunterhaltung“ das Anzeigen von Werbung unterbunden. In der Realität funktioniert das aber nur bedingt. Denn weiterhin wird vor einigen der Videos Werbung gezeigt, auch Videos ohne Werbung sind deshalb ja nicht aus der Welt.

Weitere Merkmale der Kanäle sind die große Anzahl von Videos und die hohe Frequenz ihrer Veröffentlichung. Videokünstler Andreas Fischer, der auf die Automatisierung von Bewegtbildproduktion spezialisiert ist, geht deshalb davon aus, dass die Filme in Billiglohnländern und unter der Verwendung einiger weniger Vorlagen erstellt werden und sagt: „Die Produktion dieser Videos voll zu automatisieren halte ich für unrealistisch, aber ich vermute eine Kombination aus Handarbeit und Automatisierung.“

Um die eigene Plattform kindgerechter zu gestalten, hat Youtube die App „Youtube Kids“ entwickelt. Darin sollen nur kinderfreundliche Videos angezeigt und Eltern mehr Einstellungsmöglichkeiten an die Hand gegeben werden. Ein kürzlich in der New York Times erschienener Bericht zeigt jedoch, dass auch dort unpassende Videos die Filter passieren. Andreas Fischer, der selbst Vater von zwei kleinen Kindern ist, hat deshalb seine eigene Konsequenz gezogen: Seine Kinder dürfen Youtube-Videos nur unter Aufsicht schauen.

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