Rede des französischen Präsidenten: Macron beschwört ein neues Europa

Emmanuel Macron verlangt eine stärkere EU-Integration. Dazu zähle gemeinsame Verteidigungspolitik, Transaktionssteuer und Terrorbekämpfung.

Emmanuelle Macron

Hat einen Traum: Emmanuelle Macron Foto: reuters

PARIS taz | Schon bei seiner Wahl war Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron als Hoffnungsträger der Befürworter einer Erneuerung der Europäischen Union angetreten. Auch die Ergebnisse der deutschen Wahlen sind für ihn kein Anlass, an seinen europapolitischen Absichten etwas zu ändern, sondern im Gegenteil ein zusätzlicher Grund, jetzt nicht locker zu lassen. Das wurde bei Macrons Europa-Rede deutlich, die er am Dienstag in einem historischen Hörsaal der Pariser Sorbonne hielt. Seine Vorlesung vor Studierenden der Pariser Universität war in erster Linie an alle Partner der EU gerichtet.

Macron lieferte dabei keine Gebrauchsanweisung für eine EU-Reform, sondern eher die Methode, mit der er trotz wachsender Skepsis in zahlreichen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einen neuen Sinn geben möchte. Die engere Zusammenarbeit ist für ihn nicht nur eine schöne Idee, sondern zwingend notwendig. Als Bereiche einer solchen engeren Kooperation nannte Macron fünf „Baustellen“: die Verteidigung und den Kampf gegen Terror, den Klimawandel, die digitale Revolution, die Migrationspolitik und Wirtschafts- und Handelsfragen.

Konkret schlug der französische Staatspräsident die Bildung einer europäischen Staatsanwaltschaft gegen Terrorismus vor. Zudem verlangte er eine gemeinsame Besteuerung internationaler Internetunternehmen wie etwa von Google, Amazon und Facebook sowie eine Harmonisierung der Steuer- und Sozialpolitik.

Zur Sicherheitsfrage verlangte Macron, dass Europa ergänzend zur Nato die Grundlagen einer autonomen Verteidigung schaffen sollte und dazu eine eigene Interventionstruppe zum Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Terrorismus notwendig sei. Macron schlug zudem eine europäische Asylbehörde und einen gemeinsamen europäischen Grenzschutz vor. Zugleich brachte er zum Ausbau der Entwicklungshilfe eine in ganz Europa erhobene Finanztransaktionsabgabe ins Spiel, die bisher nur in Frankreich und Großbritannien existiert.

Optimismus allein reicht nicht

Macron wiederholte, dass die EU zur stärkeren Integration ihrer 19 Mitglieder einen eigenen Haushalt und einen dafür zuständigen Minister mit echten Kompetenzen und ein Parlament benötige. Dieser Vorschlag stößt vor allem in Deutschland auf große Skepsis.

Dort herrscht die Meinung vor, die deutschen Steuerzahler sollten nicht für die ärmeren EU-Staaten mit mangelnder Haushaltsdisziplin bezahlen. Die Idee einer Vergemeinschaftung der Schulden gilt als eine „rote Linie“ für Christian Lindners FDP, mit dem sich Angela Merkel zusammen mit den Grünen auf eine Koalition einigen möchte. Auch in Brüssel gibt es derzeit wenig Unterstützung für ein eigenständiges Budget der Eurozone, wenn dieses – zusätzlich zum EU-Haushalt – einen permanenten ausgleichenden Finanztransfer unter den beteiligten Länder bedeuten sollte.

Macron hat in der Sorbonne eine Vision einer Harmonisierung und Kooperation in allen Bereichen entwickelt, die er im Kontext der Globalisierung und des Klimawandels nicht nur für wünschbar, sondern für unabdingbar hält. Da er weiß, dass sein Optimismus allein nicht reichen dürfte, um die Partner zu überzeugen, möchte er die Bürger und Bürgerinnen einbeziehen, die sich zu einer „feuille de route“ (Agenda) äußern sollen.

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