Osnabrücker Frauenhaus überfüllt: Frauen in Not abgewiesen

Das Osnabrücker Frauenhaus musste im vergangenen Jahr 404 Frauen und Kinder wegschicken. Es ist zu voll, weil Betroffene keine Wohnung finden.

Kein Platz im Schutzraum: Frauenhäuser sind häufig voll und müssen Frauen wegschicken Foto: Peter Steffen/dpa

OSNABRÜCK taz | Sie wurden bedroht, geschlagen, vergewaltigt. Partnerschaftliche und familiäre Gewalt haben die Frauen und ihre Kinder erlebt, die Schutz im Frauenhaus Osnabrück suchen. Doch trotz dieser traumatisierenden Erfahrungen bekamen im letzten Jahr 190 Frauen und 214 Kinder keinen Platz in der Einrichtung. Die Plätze waren belegt.

15 Frauen und 15 Kinder kann das Frauenhaus aufnehmen. Dort finden sie Schutz vor den Gewalttätern und können sich in Ruhe eine eigene Wohnung suchen. Doch Letzteres ist durch die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt deutlich schwerer geworden. Viele Bewohnerinnen sind deshalb länger als geplant im Frauenhaus. Während im vergangenen Jahr ein Drittel das Haus bereits nach einer Woche wieder verließ und ein weiteres Drittel innerhalb von drei Monaten wieder gehen konnte, blieben die anderen Frauen zwischen sechs und zwölf Monaten. Sie konnten keine bezahlbare Wohnung finden. Nur 116 Frauen und Kinder konnten deshalb im Laufe des Jahres aufgenommen werden.

Das Problem besteht schon länger. 2014 konnten sogar nur 51 Frauen und 30 Kinder ins Frauenhaus ziehen, während 219 Frauen und 216 Kinder keinen Platz bekamen. 2015 war die Lage etwas entspannter. Aber auch da mussten 238 Frauen und Kinder abgewiesen werden.

Alleinerziehende hätten es besonders schwer bei Vermietern, erklärt Esther Bierbaum, Mitarbeiterin im Frauenhaus Osnabrück. Noch schwieriger wird es, wenn sie Sozialleistungen beziehen. Denn damit ist nicht nur der Höhe der Miete ein Limit gesetzt, sondern auch der Quadratmeterzahl. So hätte sich vor einigen Tagen eine Vermieterin im Frauenhaus gemeldet, die eine Wohnung anbieten wollte, berichtet Esther Bierbaum. Doch die 120 Quadratmeter wären zu groß gewesen und nicht über Sozialleistungen finanziert worden. Daher gab es keine Bewohnerin im Frauenhaus, die das Angebot annehmen konnte.

Das 1981 eröffnete Frauenhaus in Osnabrück gehört zu den 130 Autonomen Frauenhäusern in Deutschland.

In ihnen gilt das Prinzip, das Frauen sich gegenseitig helfen. Unter den Mitarbeiterinnen gibt es keine Hierarchien, Entscheidungen werden im Team getroffen.

Auch die Bewohnerinnen haben Mitspracherecht.

350 Frauenhäuser insgesamt gibt es in Deutschland. Träger der anderen 220 Einrichtungen sind Kirchen und Wohlfahrtsverbände.

Die Osnabrücker Einrichtung ist nicht die einzige, die Schutzsuchende abweisen muss. Das Problem besteht bundesweit, wie die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser im Juni auf ihrer Internetseite vermeldete. „Frauenhäuser müssen immer mehr Frauen abweisen, weil sie keine freien Plätze haben“, heißt es dort, „das betrifft den Norden genauso wie den Süden, den Westen und mittlerweile auch den Osten.“ In Mecklenburg-Vorpommern etwa sind vor allem in Rostock, Güstrow, Wismar und Schwerin die Plätze knapp.

Auch in Niedersachsen ist das Osnabrücker Frauenhaus nicht das einzige, das Platznot hat. 2014 gaben 23 der 41 vom Land geförderten Frauenhäuser an, unter akutem Platzmangel oder Überbelegung gelitten zu haben. 18 Frauenhäuser gaben in ihrem Sachbericht keine Hinweise darauf, ob sie Anfragen ablehnen mussten. Regional sei die Auslastung der insgesamt 352 Plätze sehr unterschiedlich, heißt es im niedersächsischen Sozialministerium.

Die Grünen-Fraktion des Osnabrücker Stadtrates hat sich inzwischen der Forderung des Frauenhauses angeschlossen, dass die Stadt Wohnraumkontingente für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder schaffen solle. „Es ist eindeutig so, dass in den letzten Jahren zu wenig Mietraum entstanden ist, der für untere Einkommensklassen bezahlbar ist“, erklärt Fraktionsvorsitzender Michael Hagedorn. Da sei Osnabrück keine Ausnahme.

Seine Fraktionskollegin Diana Häs, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, verweist auf ein Zehn-Punkte-Programm, das der Rat vor einem Jahr verabschiedet hat. Das darin enthaltene Leerstandsmanagement soll die Besitzer nicht bewohnter Häuser und Wohnungen und potentielle Mieter zusammenbringen.

Häs glaubt, dass so auch Bewohnerinnen des Frauenhauses von einer Vermittlung in eine leer stehende Wohnung profitieren könnten.

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