Reaktionen auf Festnahmen in Türkei: „Das erinnert an eine Diktatur“

Deutsche Politiker geben sich angesichts der neuen Festnahmen in der Türkei entsetzt. Die Bundesregierung nennt die Haft „ungerechtfertigt“.

Philippe Hensmans, belgischer Leiter von Amnesty International, in einem Käfig vor der türkischen Botschaft in Brüssel

Protest gegen die Festnahme von Idil Eser, der türkischen Vorsitzenden von Amnesty International Foto: reuters

BERLIN taz/afp | Entsetzen, Empörung, Dialogbereitschaft: Nach der Verhaftung des deutschen Menschenrechtstrainers Peter Steudtner durch türkische Behörden haben sich in Deutschland Politiker nahezu aller großen Parteien geschockt gezeigt. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, sagte der taz: „Die Art und Weise, wie hier die türkische Justiz missbraucht wird, um die Wünsche des Präsidenten umzusetzen, das sind Instrumente, die wir sonst nur aus Diktaturen kennen.“

Der Fall Steudtner zeige, dass selbst jemand, der zuvor überhaupt keine Beziehungen zur Türkei gehabt habe, willkürlich verhaftet werden könne, wenn die türkische Regierung dessen Handeln als politisch nicht opportun bewertet, sagte Annen. Der SPD-Außenpolitiker forderte die türkischen Behörden auf, Peter Steudtner umgehend wieder freizulassen. Deutschland müsse jedoch auch im Interesse der in der Türkei inhaftierten Deutschen weiterhin dia­logbereit bleiben.

Auch aus anderen Parteien gab es harsche Reaktionen auf die jüngsten Verhaftungen. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Brand, sagte: „Willkürliche Verhaftungen sind keine innere Angelegenheit der Türkei.“ Als Mitglied des Europarats habe sich das Land zum Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat verpflichtet. „Das staatliche Handeln steht dazu im kompletten Gegensatz.“ FDP-Chef Christian Lindner verlangte ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei.

Die Grünen drangen angesichts der steigenden Zahl der Festnahmen auf einen härteren Kurs gegenüber der Regierung in Ankara. „Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die Türkei nach Journalisten nun auch Menschenrechtsaktivisten willkürlich festnimmt. Da stellt sich die Frage, wer als Nächstes dran ist: Wirtschaftsvertreter, Touristen?“, sagte Spitzenkandidat Cem Özdemir.

Steffen Seibert, Regierungssprecher

„Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner, der ungerechtfertigt in Haft sitzt“

Auch die Bundesregierung erklärte sich am Dienstag zu den Vorgängen. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb via Twitter: „Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner, der ungerechtfertigt in türkischer Haft sitzt.“ Die Bundesregierung werde sich „auf allen Ebenen für ihn einsetzen“, schrieb Seibert weiter.

Zuvor hatte die Bundesregierung bereits mitgeteilt, dass sie die Klage des ebenfalls in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof unterstützen wird. Der frühere taz-Redakteur sitzt seit fünf Monaten in der Türkei in Haft. Er ist einer von 22 Deutschen, die seit dem Putschversuch vor einem Jahr inhaftiert worden sind. 13 von ihnen sind inzwischen wieder frei.

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