Roaming-Gebühren im EU-Ausland: Ende mit bitterem Beigeschmack

Extra-Gebühren für Mobilfunknutzer im europäischen Ausland fallen ab Donnerstag weg. Kostenfallen gibt es aber immer noch.

Eine Frau telefoniert mit einem Handy am Strand

Gibt es im Ausgleich bald eine Erhöhung der Inlandstarife? Foto: dpa

BERLIN taz | Wer in andere EU-Länder reist, kann dort ab Donnerstag das Handy für genauso viel Geld nutzen wie im Inland – zumindest grundsätzlich. Wegen einer am Donnerstag in Kraft tretenden EU-Verordnung entfallen die Roaming-Gebühren für Mobilfunknutzer. Demnach dürfen Anbieter keine zusätzlichen Entgelte mehr für Dienstleistungen in den EU-Staaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein verlangen.

Die Verordnung will reisende Handynutzer von hohen Auslandstarifen befreien, nicht aber die nationalen Tarife umgehen. Mit einer günstigen ausländischen SIM-Karte zu Hause über längere Zeit surfen gilt demnach als Missbrauch und wird mit eventuellen Aufschlagzahlungen bestraft.

Dennoch scheint das Roaming-Ende auf den ersten Blick kundenfreundlich. „Wir sind sehr zufrieden, dass die ungerechtfertigt hohen Preise endlich ein Ende nehmen“, sagt Johannes Kleis, Sprecher des Europäischen Verbraucherdachverbands Beuc, der taz.

Teilweise gerechtfertigt fand die Roaming-Gebühren der Verband der Anbieter von Telekommunikationsdiensten VATM: „Eine Absenkung der Gebühren auf ein sehr niedriges Niveau, aber nicht auf null, wäre angemessen gewesen, da die Leistung ganz offenkundig genutzt und erbracht wird“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Gehen Kunden im Ausland ins Internet, fallen für deren Mobilfunkanbieter weiterhin Kosten an. „Das gilt insbesondere für große EU-Länder wie Deutschland, in denen große Netze erforderlich sind“, so Grützner.

Entstehen durch die fehlenden Roaming-Einnahmen hohe Verluste, sieht die Verordnung eine Ausnahmeregelung vor. Anbieter dürfen in diesem Fall über einen Zeitraum von zwölf Monaten mehr Geld von ihren Kunden verlangen. Dies sei jedoch aufwendig zu beweisen und daher in der Praxis nicht zu erwarten, sagt Torsten Gerpott, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.

Mehr Inhalt für mehr Geld

Statt sich auf diese Ausnahmeregelung zu verlassen, hätten Telekomfirmen präventiv ihre Einnahmen gesteigert. „Die großen deutschen Anbieter haben zuletzt fleißig neue Datenpakete mit mehr Inhalt für mehr Geld verkauft“, sagt er. Eine alternative Strategie wenden Billiganbieter an: Sie verkaufen sogenannte National­tarife, mit denen Surfen im Ausland überhaupt nicht möglich ist. Die Sim-Karten funktionieren nur in Deutschland.

Laut Stiftung Warentest können bei 9 von befragten 16 Anbietern trotz der Verordnung Extra­kosten im Ausland anfallen. So würden beispielsweise im Inland geltende Vergünstigungen für Community-Verbindungen für Gespräche zwischen Nutzern desselben Anbieters bei Aldi, Edeka, Ross­mann oder Tchibo im Ausland nicht greifen. Die Verbindungen würden hier auf das gebuchte Volumen ange­rechnet oder sie kosteten genauso viel wie andere Verbindungen auch.

Damit nicht genug: Telekommunikationsexperte Gerpott hält auch eine Erhöhung der Inlandstarife bei den drei großen deutschen Anbietern Telefónica, Telekom und Vodafone für möglich. Diese potenzielle Entwicklung verurteilt Johannes Kleis von Beuc: „Das Roaming-Ende rechtfertigt keine Erhöhung der Inlandstarife.“ Die Ausnahmeregelung bei Verlustgeschäften kompensiere eventuelle Wettbewerbsnachteile.

Der Verbraucherschützer blickt bereits nach vorne. „In einem nächsten Schritt müssen Auslandsanrufe billiger gemacht werden.“ Diese bleiben nämlich weiterhin teurer als Inlandsanrufe, obwohl sie teilweise weniger Kosten verursachen.

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