Weltweit größte Elektrofähre: Mit Handybatterie übers Meer

Auf der Ostsee verkehrt jetzt ein abgasfreier Pionier der Mobilität, die mit einem Umweltpreis ausgezeichnete Elektrofähre „Tycho Brahe“.

Die "Tycho Brahe" vor Anker

Das ist die „Tycho Brahe“. Hier liegt sie noch vor Anker. Bald läuft sie mit E-Antrieb aus Foto: Andreas Ebefeldt

STOCKHOLM taz | Ein 26 Jahre altes Fährschiff, das einen angesehenen Umweltpreis bekommt? Der „Tycho Brahe“ wurde diese Ehre auf dem 8. EU-Ostseestrategieforum zuteil. Es ist die neue Antriebstechnik, mit der diese Fähre ab Dienstag zwischen Dänemark und Schweden verkehren wird, die noch vor dem Start mit dem „Baltic Sea Clean Maritime Award 2017“ belohnt wurde.

Dass da etwas „cleaner“ geworden ist, werden auch die UrlauberInnen merken, wenn sie die Ostsee zwischen dem dänischen Helsingør und dem schwedischen Helsingborg per Fähre überqueren. Bei der „Tycho Brahe“ werden dann nämlich keine Dieselabgase mehr aus dem Schornstein qualmen. Die täglich 46 Überfahrten über die vier Kilometer breite Meerenge wird das Fährschiff dann ausschließlich mit Elektroantrieb absolvieren: als derzeit weltweit größte Batteriefähre.

Abgesehen vom Qualm sind von dieser technischen Neuerung nur vier große Container auf dem Oberdeck sichtbar. Darin befinden sich 60 Tonnen Lithiumbatterien – im Prinzip das, was Smartphones und Tablets mit Strom versorgt. Sie haben eine Kapazität von zusammen 4.200 kWh. Rund 1.500 kWh werden bei jeder der 20 Minuten langen Überfahrten verbraucht, bei denen jeweils über 1.000 Passagiere und bis zu 240 Pkws befördert werden können.

Lasergesteuerte Roboterarme

Damit der mit der Kraft von etwa 70 Elektroautos betriebenen Fähre niemals der Saft ausgeht, werden die Batterien während der jeweils fünf bis zehn Minuten langen Liegezeit in einem der beiden Häfen immer wieder möglichst vollständig aufgeladen. Dazu bedient man sich lasergesteuerter Roboterarme. Weshalb auf beiden Seiten von den Ladestationen an der Fähranlegestelle kilometerlange neue Stromtrassen gelegt werden mussten: „Sonst würden jedes Mal, wenn wir den Stecker reinstecken, in Helsingborg und Helsingør die Lichter ausgehen“, sagt Reedereichef Henrik Rørbæk.

Im Herbst soll mit der „Aurora“, einem Schwesterschiff der „Tycho Brahe“, eine weitere Fähre auf Batteriebetrieb umgestellt werden. „Dann wird die Hälfte unserer jährlich 64.000 Überfahrten ausschließlich mit Elektrizität erfolgen“, berichtet Rørbæk, „was auch unsere CO2-Emissionen hier um 50 Prozent senken wird“. Auch die Partikel- und Stickoxidemissionen würden kräftig vermindert. Noch grüner wäre es, wenn die Reederei sich dazu entschließen würde, Ökostrom zu verwenden. Zunächst begnügt man sich nämlich mit dem handelsüblichen Strommix, in den auf schwedischer Seite Atom- und auf dänischer Fossilstrom eingeht – wenn auch mit stetig sinkendem Anteil.

Auf eine weitere Schwachstelle weist Mette Sanne Hansen hin, Leiterin der maritimen Abteilung an Dänemarks Technischer Universität DTU: „die Produktion der Lithiumbatterien“. Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie werden bei der Batterieherstellung pro Kilowattstunde Speicherkapazität CO2-Emissionen von 150 bis 200 kg erzeugt. Und die Batterien müssen nach 4–5 Jahren Betrieb ausgetauscht werden.

Von Abgaben befreiter Strom

„Wir machen das alles auch, weil es sich für uns rechnet“, gibt Reedereichef Rørbæk zu. Abgesehen davon, dass etwa 40 Prozent der Umbaukosten aus EU-Mitteln stammen, bekomme man einen teilweise von Abgaben befreiten Strom. Das senke die Betriebskosten, weshalb man „mit einem richtig guten Geschäft“ rechne.

Und nicht nur am Öresund tut sich etwas. Zwischen Deutschland und Dänemark sind schon Hybridfähren im Einsatz. Auf einer norwegischen Werft wird der Bau der größten Hybridfähre der Welt beginnen. Und auf der „Vogelfluglinie“ zwischen Puttgarden und Rødby ist der Übergang zu reinem Elektroantrieb bis 2020 geplant.

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