Fake-News-Vorwurf gegen CNN: Inszenierte Demo-Bilder?

CNN soll eine Demo muslimischer Protestler in London verfälschend inszeniert haben, urteilt ein konservativer Aktivist. „Nonsense“, sagt der Sender.

Menschen halten Zettel in die Höhe, auf denen unter anderem steht #FORLONDON und #TURNTOLOVE

Echt oder nicht echt? Die angebliche CNN-Fake-News-Szene Foto: ap

CNN verbreitet Fake News. Das ist eigentlich kein Vorwurf. Es ist ein Urteil. Gefällt hat es der reichweitenstarke, ultrakonservative Blogger und Aktivist Mike Cernovich. Na gut, eigentlich hat nicht er es gefällt, sondern er hat es verbreitet, indem er dem Video des Twitternutzers @markantro zu gehöriger Aufmerksamkeit verhalf.

Was ist auf dem Video zu sehen? Dort dirigiert die CNN-Reporterin Becky Anderson eine kleine Gruppe von offensichtlich muslimischen DemonstrantInnen hinter einer Polizeiabsperrung so, dass sie schön im Kamerabild zu sehen sind. Die Protestler halten Schilder hoch, „#Turntolove“ steht darauf sowie „#ForLondon“ und „#ISIS will lose“: Isis wird verlieren. Danach scheint das CNN-Team zu drehen und Anderson ein paar Worte zu den Protesten zu verlieren.

In einem Video, in dem Anderson an selber Stelle einen Kommentar spricht, sind die DemonstrantInnen allerdings nicht zu sehen. Nur ihre Schilder kleben an einem Pfahl. Die Vorwürfe an Anderson gehen allerdings weiter: Sie soll den DemonstrantInnen die Plakate gegeben haben, schreibt Cernovich in einem Blogeintrag und bei Twitter. Doch davon ist im Video nichts zu sehen. Eine weitere Quelle gibt es nicht.

Dafür gibt es allerdings Hinweise, dass die DemonstrantInnen nicht von CNN bezahlt waren, wie es immer wieder – vor allem bei Twitternutzern – zu lesen ist: Denn schon vorher nahm ein AP-Fotograf die Gruppe an anderer Stelle in London auf. Das Foto bebildert auch diesen Artikel.

Das ist nicht verboten

Was bleibt? Die Gruppe von tatsächlich recht wenigen DemonstrantInnen nutzte wohl die Ansammlungen von Reportern an verschiedenen Orten um ihre Nachricht um die Welt zu senden. Das bestätigt auch Rob Broomby, Producer des ARD-Studios London, im „Faktenfinder“ der „Tagesschau“: Die Gruppe soll den ganzen Tag vor Ort gewesen sein und mit vielen Journalisten gesprochen haben.

So verbreitet man halt eine Botschaft. Das ist nicht verboten. Bilder und Worte mächtiger erscheinen zu lassen, indem man die entsprechenden Kanäle bedient, diesen Weg gehen auch Leute wie Mike Cernovich. Den gingen auch die vielen Staatschefs im Januar 2015 beim Trauermarsch nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris: Auf den Bildern, die zum Beispiel in der ARD, diversen Onlineportalen und Zeitungen zu sehen waren, sah es aus als würden die Mächtigen den großen Marsch anführen. In Wahrheit waren sie weit entfernt, abgeschirmt vom Rest. Die Perspektive täuschte.

Dafür mag es gute Gründe gegeben haben, die Sicherheit zum Beispiel. Auch das ist in Ordnung. Fast jeder Protest ist halt auch eine Inszenierung. Aber: Genau diese sollten Journalisten auch zeigen – und nicht nur eins zu eins die Botschaften auf den Plakaten. CNN wies den Vorwurf, Nachrichten zu inszenieren, übrigens zurück: „This is nonsense“, twitterte der Sender mehrfach.

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