Teure Altersheime in Bremen: Arme Rentner unerwünscht

Billiger Wohnraum für ältere Menschen ist Mangelware in Bremen. Selbst die mildtätige Heimstiftung und die Caritas halten nur hochpreisige Unterkünfte vor.

Altersarmut betrifft viele Menschen. In Bremen ist günstiger Wohnraum für Rentner knapp Foto: Schutt/dpa

BREMEN taz | Die Altersarmut im Land Bremen steigt. Gleichzeitig wird es für ältere Menschen schwieriger, billigen Wohnraum zu finden. „Gerade an barrierefreien Wohnungen für RentnerInnen mangelt es“, bestätigt Ernst Benthien von der Senioren-Vertretung der Stadtgemeinde die Beobachtung der taz. Auch die Bremer Heimstiftung ist hier keine Ausnahme, obwohl sie sich in ihrer Satzung zur „Aufnahme bedürftiger Personen“ verpflichtet. Die Quadratmeterpreise für ihr Angebot „Wohnen mit Service“ liegen im Schnitt bei 18 Euro, wie aus ihrer Website hervorgeht. Einzig im Stadtteilhaus Kattenturm ist es möglich, für 11 Euro pro Quadratmeter zu wohnen. Und selbst in Anlagen, deren Bau Bremen finanziell unterstützt hat, liegt der Preis zwischen 15 und 18 Euro.

Auf die Frage an wen sich das Angebot richtet, antwortet der Finanzvorstand der Bremer Heimstiftung André Vater: „Für jeden Geldbeutel finden wir ein gutes Angebot.“ Schaut man sich jedoch die finanzielle Lage der RentnerInnen im Land Bremen an, muss das bezweifelt werden. Laut Arbeitnehmerkammer sind 17 Prozent der RentnerInnen akut von Altersarmut bedroht. Die Zahl der Menschen, die auf eine Grundsicherung angewiesen sind, weil sie von ihrer Rente nicht leben können, wächst. Einfluss auf die Preise der Heimstiftung kann das Land nur durch finanzielle Zuschüsse beim Bau von neuen Einrichtungen nehmen. Und das, obwohl Bremen die Gründung der Heimstiftung seinerzeit vorangetrieben hatte, um der damals grassierenden Altersarmut etwas entgegenzusetzen und obwohl Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) im Aufsichtsrat der Stiftung sitzt. „Gibt es eine Förderung durch Bremen, macht sich das durch einen billigeren Quadratmeterpreis bemerkbar“, so Vater.

Das Angebot „Wohnen mit Service“ ist eines der Hauptangebote der Heimstiftung und richtet sich an Menschen, die auch im Alter in einer eigenen Wohnung leben möchten, verbunden mit einem „Höchstmaß an Sicherheit“. Für die Heimstiftung bedeutet das konkret: weitestgehend barrierefreie Wohnungen, ein 24-Stunden-Notrufknopf und SozialarbeiterInnen, die regelmäßig in den Einrichtungen vorbeischauen. Mit diesen Serviceleistungen rechtfertigen sie ihre hohen Quadratmeterpreise.

Wie setzen sich die Preise fürs Wohnen mit Service-Programm bei der Heimstiftung zusammen? Ist wirklich für jeden Geldbeutel etwas dabei? Wird es billig wenn Bremen mitfinanziert? Die taz rechnet nach am Beispiel Huchting.

Das Stadtteilhaus Huchting wurde beim Bau von Bremen finanziell unterstützt. Eine 33-Quadratmeter-Wohnung kostet dort 600 Euro.

Pro Quadratmeter zahlt der Mieter 18 Euro inklusive der Servicepauschale und den Betriebskosten.

Die Servicepauschale der Heimstiftung beträgt 150 Euro. Wie hoch der zu zahlende Eigenanteil ist, wird mit den Krankenkassen individuell verhandelt. Zöge man sie ab, läge der Preis noch immer bei 13 Euro.

Zieht man davon noch die Betriebskosten ab, liegt man bei einem Quadratmeterpreis von 10,50 Euro, der damit laut immowelt.de fast drei Euro über dem Stadtteildurchschnitt liegt.

Immerhin scheinen sich die BewohnerInnen darüber nicht zu beschweren. Das bestätigt auch das Netzwerk „Soziales neu gestalten“, ein Zusammenschluss mehrerer Akteure der Sozialwirtschaft. Das Netzwerk hat sich mit der Heimstiftung in seinem Buch „Zukunft Quartier – Lebensräume zum Älterwerden“ beschäftigt.

Die Autoren sehen den Grund fürs Ausbleiben von Beschwerden darin, dass die Betreuungspauschale nicht gesondert aufgeführt wird. Denn in Einrichtungen, in denen die Verträge getrennt vorgelegt werden, komme es öfter zu Klagen über deren Höhe. “Wahrscheinlich wären die Bewohner nicht bereit, die hohen Mieten zu zahlen, wenn sie sie unmittelbar mit denen auf dem Wohnungsmarkt vergleichen könnten“, heißt es in dem Buch. Zudem kritisiert das Netzwerk, dass durch die hohen Preise das Angebot nur für einen bestimmten Teil der Bevölkerung zugänglich gemacht würde.

Der Meinung ist auch die Senioren-Vertretung. Die Heime könne sich „kein normaler Rentner mehr leisten“, sagt Benthien. Das Sozialressort sieht trotzdem keinen Handlungsbedarf, weil nach Einschätzung der Senatorin die Heimstiftung über ein breites Spektrum von Preisen verfügen. Werde jedoch jemand pflegebedürftig ohne sich eine betreute Einrichtung leisten zu können, bestehe die Möglichkeit Sozialhilfe zu beantragen, so die Auskunft.

Nicht nur bei der Heimstiftung richtet sich das „Wohnen mit Service“ an den wohlhabenden Teil der Bevölkerung. Auch bei der Bremer Caritas kann man das Angebot in Anspruch nehmen. Obwohl es sich bei der Caritas um einen kirchlichen Träger handelt, verlangen sie in der Neustadt ähnliche Quadratmeterpreise wie die Heimstiftung. Kommentieren wollten sie das nicht und verwiesen stattdessen auf die Preise des Konkurrenten.

Dort wo billiger Wohnraum für ältere Menschen angeboten wird, ist er hingegen völlig überlaufen: So hat das St. Remberti-Stift sogar die Wartelisten bis auf Weiteres schließen müssen. Dabei handelt es sich dort nicht einmal um barrierefreie Wohnungen, doch die Nähe zur City und der niedrige Preis machen das Domizil zu einem der beliebtesten in Bremen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.