Kuscheln oder kritisieren?

ÖSTERREICH Das neue Medienmagazin des ORF hat viel zu tun: im eigenen Haus

„Wie kritisch müssen Politiker befragt werden?“ Mit einer der zentralen Fragen des Journalismus setzte sich am Freitag das neue, monatliche Medienmagazin „#doublecheck“ des Radiosenders Ö1 auseinander. Konkreter Anlass war ein Interview des abtretenden niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll Ende März. „Zeit-im-Bild2“-Anchor Armin Wolf hatte den ÖVP-Politiker beharrlich zu dessen intransparenter Privatstiftung befragt, die aus Landesmitteln dotiert wurde. Wolf insistierte so lange bis Pröll explodierte: „Das kommt ohnehin noch zum Chef!“

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gab zwar dem politischen Druck, Wolf zu maßregeln nicht nach, versuchte ihn aber mit der Leitung einer „größeren Infoshow“ auf ORF1 von der Nachrichtenbühne wegzuloben. Vergebens. Im Interview mit „#doublecheck“ bemühte sich Wrabetz, die Befürchtung, im Zuge der bevorstehenden ORF-Reform würde der politische Einfluss im Fernsehen wieder zunehmen, als unbegründet zu zerstreuen. Zu Wort kam auch Bundeskanzler Christian Kern. Er bekannte sich zu kritischen Medien – als „Korrektiv“ zu den Social Media.

Die Frage der politischen Intervention sei trotzdem nicht ausgeräumt, meinten die Sendungsmacher. Politiker fühlten sich schnell einmal schlecht behandelt, nicht immer zu Unrecht. Und Politiker wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache „machen das zu ihrem Geschäftsmodell und laden ihre Fans auf Facebook mit Medienkritik zur Empörung ein“.

Erwin Pröll sah sich als Opfer eines „gelenkten Journalismus“, der ihn fertigmachen wolle. Armin Wolf wies das als „Verschwörungstheorie“ zurück. Und Corinna Milborn, Info-Chefin des Privatsenders Puls4, sagte: Kritik gleichzusetzen mit gelenktem Journalismus sei „das Perfideste, was man machen kann“. Ralf Leonhard, Wien