AfD vor der Wahl in Schleswig-Holstein: Blasse Alternative

Die AfD dürfte es bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag schwer haben. Warum die Partei im Norden weniger verfangen hat als anderswo.

Jörg Nobis guckt traurig. Helle Haare, grauer Look

Jörg Nobis heißt der AfD-Spitzenkandidat für Schleswig-Holstein Foto: dpa

KIEL taz | Bislang kommt der beste AfD-Wahlkampfhelfer in Schleswig-Holstein aus den Reihen der SPD. Er heißt Ralf Stegner, ist SPD-Landeschef – und ein Mann der klaren Worte. Erst recht in Wahlkampfzeiten.

Am 7. Mai wird in Schleswig-Holstein gewählt. Deshalb betet Stegner seine Hauptziele derzeit rauf und runter. Eines lautet: „Wir wollen die AfD aus dem Landtag raushalten.“

Die Nord-AfD kann dar­über nur froh sein. Ohne Stegner würde die Partei den meisten WählerInnen wohl erst beim Blick auf den Wahlzettel auffallen. Die selbsternannte Alternative für Deutschland präsentiert sich bislang nämlich so gar nicht als Alternative für Schleswig-Holstein. Jörg Nobis heißt der Spitzenkandidat, er trat zu Bernd-Lucke-Tagen in die Partei ein und sagt Sätze wie: „Die Euro-Rettungspakete haben überhandgenommen, Deutschland wurde 2013 zum Zahlmeister Europas.“

Er sagt aber auch: „Ich war niemals D-Mark-Nostalgiker und mit der Euro-Einführung durchaus zufrieden.“ Nur sei die Frage, wer für Schulden hafte, eben falsch beantwortet worden. Nobis findet auch, dass sich die AfD durchaus Gedanken über mögliche Koalitionen mit CDU und FDP machen müsse. Derzeit sei es für ein „bürgerlich-konservatives Bündnis“ zwar noch zu früh, auch in Schleswig-Holstein. „Aber in vier oder fünf Jahren liegen die Dinge vielleicht anders.“ Nobis, der Gemäßigte. So will er wirken.

Schillernde Figuren fehlen

Er ist für seinen Landesverband insofern ein Problem, als er eigentlich besonders auf schillernde Figuren angewiesen wäre. In Schleswig-Holstein muss die AfD hart um jeden Prozentpunkt kämpfen, derzeit liegt sie bei sechs bis sieben Zählern. Das sie hier in den zurückliegenden Monaten weniger verfangen hat als anderswo, liegt etwa an der linksgerichteten Stegner-SPD, die mit Torsten Albig den Ministerpräsidenten stellt. Die Grenze zur CDU betonen die Roten recht deutlich, sie stehen für eine offene Flüchtlingspolitik.

Und die wird in Schleswig-Holstein vielerorts positiv gesehen, weil Orte wie das 945-Einwohner-Dorf Dersau nicht nur Menschen integrieren, sondern vor allem von ihnen profitieren. 35 geflüchtete Menschen hat Dersau am Plöner See aufgenommen. Seither habe die Dorfgemeinschaft wieder eine Aufgabe, die belebend wirkt, finden die BewohnerInnen. Kein gutes Klima für die Antiflüchtlingsrhetorik der AfD.

In Schleswig-Holstein muss die AfD hart um jeden Prozentpunkt kämpfen

Eine weitere schleswig-holsteinische Besonderheit, die der AfD schadet, sind die Liberalen mit dem Profipolarisierer Wolfgang Kubicki. Den FDP-Mann lobt selbst Nobis, dessen eigene förmliche Vorträge kein Stammtischpublikum vom Hocker reißt. Dasselbe gilt beim Wahlprogramm. Man bietet an, was alle anderen mehr oder weniger auch im Sortiment haben. Wie die CDU setzt die AfD auf ihr neues Lieblingsthema – mehr innere Sicherheit: Nobis wünscht sich 2.500 Planstellen mehr bei der Polizei in den nächsten fünf Jahren.

Was die Familienförderung betrifft, geht es Richtung SPD. Während die Sozialdemokraten gebührenfreie Kitas wollen, würde sich Nobis Willkommensgelder für Neugeborene wünschen. Selbst die Forderung nach mehr direkter Demokratie wird in Schleswig-Holstein durch die Piratenpartei längst abgedeckt. „Mit denen habe ich auch mal geliebäugelt, das war mir dann aber zu chaotisch“, sagt Nobis.

Nur bei der Atomkraft verläuft der Kurs fundamental anders. „Wir sind für eine Laufzeitverlängerung und sagen Nein zu weiteren Windrädern“, sagt Nobis. Eine wenig verlockende Alternative. Das findet nicht nur Ralf Stegner.

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