Kommentar Zwist bei Österreichs Grünen: Brave grüne Jugend gesucht

Die Politik Österreichs rutscht nacht rechts. Ausgerechnet jetzt zerreißen sich die Grünen und ihr junges Pendant in der Luft.

Eine Frau mit dunklen Haaren spricht vor einem grün-weißen Hintergrund in ein Mikrofon

Die Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig konnte die Eskalation nicht verhindern Foto: imago/Eibner Europa

Sehr oft kommt es nicht vor, dass eine Partei eine ganze Jugendorganisation vor die Tür setzt. Zwar gab es solche Fälle auch in Österreich schon, aber die hatten dann meist eine historische Dimension – etwa, als sich die stalinistische KPÖ nach dem Prager Frühling von der reformkommunistischen Freien Österreichischen Jugend trennte.

Jetzt haben die österreichischen Grünen ihre Jugendorganisation, die Jungen Grünen geschrottet: Am Donnerstag erklärte Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik die Zusammenarbeit für beendet. Dabei ging es aber nicht um große Richtungsdebatten, sondern um Konkurrenzkandidaturen zweier grüner Studierendenorganisationen. Um nichts also, was Menschen jenseits des grünen Parteiapparats interessiert.

Und man vergesse nicht: In den Umfragen liegen Österreichs Rechtspopulisten noch immer auf dem ersten Platz. Das gesamte politische Spektrum rutscht nach rechts. Der künftige christdemokratische Spitzenmann Sebastian Kurz positioniert sich so, dass im Vergleich dazu selbst Horst Seehofer wie ein Refugees-Welcome-Aktivist wirkt; auch der sozialdemokratische Kanzler, Christian Kern, glaubt, im Kampf um rechte Stimmen entsprechende Signale senden zu müssen.

Zugleich hat das grüne Milieu seinen größten Triumph hinter sich – der ehemalige Parteivorsitzende Alexander van der Bellen wurde gerade mit 54 Prozent der Wählerstimmen zum Bundespräsidenten gewählt. Und in diesem Moment sprengen sich Grüne und Grüne Jugend gemeinsam in die Luft, wegen eines Themas, das selbst Politinsider nicht wirklich verstehen? Die Grünen senden damit das Signal, autoritär zu agieren und eine brave Jugend zu wollen.

In erster Linie ist das natürlich eine eklatante Führungsschwäche. Parteichefin Eva Glawischnig war offenbar nicht in der Lage, durch Moderation und Gespräche eine Eskalation zu verhindern. Das zeugt, über den unmittelbaren Anlass hinaus, nicht gerade von großem politischen Talent.

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Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.

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