Britischer Brexit-Brief: Der Ton wird rauer

Großbritannien hat den Brexit-Brief abgegeben. Nun wittern einige EU-Interpreten des Austrittsschreibens eine versteckte Drohung.

Zwei Männer im Gespräch

Julian King (l.), britischer EU-Kommissar für Sicherheit, im Gespräch mit einem EU-Kollegen Foto: Reuters

BRÜSSEL taz Versucht Großbritannien, die EU in den anstehenden Brexit-Verhandlungen zu erpressen? Um diese Frage ist kurz nach der offiziellen Austrittserklärung ein heftiger Streit zwischen Brüssel und London entbrannt.

Angefangen hat alles mit der Analyse des Scheidungsbriefs von Premierministerin Theresa May, den ihr EU-Botschafter am Mittwoch in Brüssel übergeben hatte. Dabei stießen die EU-Experten auf einen – auf den ersten Blick harmlosen – Satz: „Wenn wir nicht zu einer Einigung kommen sollten, würde dies eine Schwächung unseres Kampfes gegen Verbrechen und Terror bedeuten“, heißt es da.

Dies könnte eine versteckte Drohung sein, argwöhnen EU-Diplomaten in Brüssel. Großbritannien könne versuchen, die Verhandlungen über den Binnenmarkt und den Handel mit der Außen- und Sicherheitspolitik miteinander zu verknüpfen. Dies sei jedoch inakzeptabel, zumal Großbritannien ja auch Nato-Mitglied sei und bleiben wolle.

Besonders lautstark empört sich der Verhandlungsführer des Europaparlaments, der belgische Liberale Guy Verhofstadt. „Sorry, aber so funktioniert das nicht“, sagte er bei einer Debatte. Es könne keinen Kuhhandel zwischen den Themen Sicherheit und Wirtschaft geben. Dafür sei die Sicherheit der Bürger viel zu wichtig.

Erst die Scheidung, dann eine neue Beziehung

„Das muss eine getrennte Säule eines künftigen Abkommens sein“, fordert Verhofstadt. Doch auch über dieses künftige Abkommen, das eine neue Partnerschaft zwischen der EU und Großbritannien besiegeln soll, gibt es Streit. May möchte darüber möglichst sofort, parallel zu den ab Mai geplanten Scheidungsgesprächen, verhandeln.

Die EU will erst die Scheidung, dann eine neue Beziehung auf neuer Grundlage. Dies hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer ersten Reaktion auf den Brexit-Antrag klargestellt. Frankreichs Staatspräsident François Hollande bekräftigte diese gemeinsame Position am Donnerstag in einem Telefonat mit May.

Guy Verhofstadt

„Kein Kuhhandel zwischen Sicherheit und Wirtschaft“

Nun liegt der Ball im britischen Lager – was dort für einiges Unbehagen sorgt. Der britische Brexit-Minister David Davis bemühte sich, die Dinge geradezurücken. Der Austrittsantrag mache klar, dass Großbritannien weiterhin bei verschiedenen Themen mit der EU zusammenarbeiten wolle, sagte Davis der BBC. Dazu zähle eine Kooperation bei der Sicherheit.

„Wir wollen einen Deal, und sie hat klargemacht, dass es schlecht für beide von uns wäre, wenn wir keinen Deal haben“, sagte Davis. Dies sei ein angemessener Standpunkt und in keiner Weise eine Drohung, fügte er hinzu. Nur einen Tag nach dem Scheidungsantrag ist der Ton rau geworden.

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