EU-Kommission zu Flüchtlingspolitik: Mehr abschieben

Abschiebehaft auch für Minderjährige: Mit 200 Millionen Euro, einem Aktionsplan und Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten will Brüssel Flüchtlinge loswerden.

Porträt Avramopoulos

Der für Flüchtlinge zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos verlangt mehr Abschiebungen Foto: dpa

BRÜSSEL epd/afp | Die EU-Kommission will Migranten ohne Bleiberecht schneller abschieben lassen und hat dazu Empfehlungen an die europäischen Hauptstädte und die Grenz- und Küstenwache Frontex gerichtet. „Wir müssen die Menschen in Not schützen, aber wir müssen auch dafür sorgen, dass diejenigen, die kein Recht auf Aufenthalt in der EU haben, zurückkehren“, erklärte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag in Brüssel. Amnesty International warf der EU-Kommission „Grausamkeit und Heuchelei“ vor.

Die Kommission empfiehlt den EU-Mitgliedsländern, „systematisch Rückkehrentscheidungen ohne Ablauffrist“ zu erlassen und Entscheidungen über das Ende des legalen Aufenthalts mit Rückführungsentscheidungen zu kombinieren. So sollen doppelte Arbeit und Zeit gespart werden. Wenn ein Verdacht auf Missbrauch des Asylsystems besteht, empfiehlt die Behörde beschleunigte Asylverfahren.

Avramopoulos verlangte unter anderem die verstärkte Nutzung von Abschiebehaft und den raschen Abschluss von Rücknahmeabkommen mit Drittstaaten. Zur Unterstützung will die Kommission dieses Jahr 200 Millionen Euro bereitstellen.

Avramopoulos verwies darauf, dass im Jahr 2015 nur 36 Prozent aller Abschiebeentscheidungen in den EU-Mitgliedstaaten tatsächlich umgesetzt worden seien. Die zügige Rückführung nicht schutzbedürftiger Migranten sei „auch ein deutliches Signal, um zu verhindern, dass sich Menschen auf die gefährliche irreguläre Reise in die EU machen“.

Abschiebeverträge mit Airlines

Bei Fluchtgefahr sollen abzuschiebende Menschen inhaftiert werden. Haft kommt auch für Kinder oder Jugendliche in Frage. Die EU-Kommission schreibt, dass die „Mitgliedstaaten in ihrer nationalen Gesetzgebung die Möglichkeit, Minderjährige in Haft zu nehmen, nicht ausschließen sollten“ – sofern dies unumgänglich sei und unter Wahrung der Grundrechte.

Außerdem könnten sich nach dem Willen der EU-Kommission stärker als bisher Sicherheitskräfte aus denjenigen Ländern an Rückführungen beteiligen, aus denen die Migranten stammen. Solche Operationen mit fremden Sicherheitskräften könnten „Europas Rückführungs-Kapazitäten in kostengünstiger Weise steigern“, so die Behörde. Die Grenzschützer von Frontex sollten zu dem Zweck in das Training des Personals jener Länder investieren. Auch Rahmenverträge mit Fluggesellschaften werden empfohlen. Sie würden etwa ermöglichen, kurzfristig Plätze für Abschiebungen zu reservieren.

Auch zu Programmen für die freiwillige Rückkehr von Migranten, bei denen diese eine Belohnung als Anreiz erhalten, gab die Kommission Ratschläge. Einerseits heißt sie dieses Mittel durchaus gut, um abgelehnte Asylbewerber und andere Migranten ohne Zwang wegzubringen. Sie ermahnt aber die Mitgliedstaaten, ihre Belohnungen anzugleichen. Sonst könnten sich Migranten gezielt die EU-Länder mit den besten Leistungen aussuchen.

Amnesty International kritisierte die Empfehlungen scharf, die „die Grausamkeit und Heuchelei“ der EU-Kommission in der Migrationspolitik offenlegten. „Die Inhaftierung von irregulären Migranten, die zu den verwundbarsten Menschen in Europa gehören, sollte ein letztes Mittel sein“, erklärte das EU-Büro der Menschenrechtsorganisation in Brüssel. Die EU-Kommission verfolge aber einen anderen, viel weiter gefassten Ansatz bei der Inhaftierung. Dass auch Kinder darunter fielen, sei „wirklich schockierend“, urteilte die Chefin des EU-Büros von Amnesty, Iverna McGowan.

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