Schlecker vor Gericht

25.000 Frauen verloren bei der Pleite ihren Job. Die ­Schleckers aber sollen für sich finanziell vorgesorgt haben

Vom gnadenlosen Erfolgsunternehmer zum Pleitier

Geschichte Ein beispielloser Siegeszug machte Anton Schlecker zum Milliardär. Der Niedergang führte zu seiner Privatinsolvenz

Der erfolgreiche Unternehmer: Metzgermeister Anton Schlecker eröffnet Ende der 1960er Jahre erste Kaufhäuser. Als 1974 die gesetzliche Preisbindung für Drogerieartikel fällt, entstehen die ersten Schlecker-Filialen. Mit günstigen Preisen, spärlicher Einrichtung und ungelerntem Personal startet er einen europaweiten Siegeszug, der Schlecker zum Milliardär macht. 1994 ist die Kette in Deutschland Marktführer. 2011 hat Schlecker 6.000 Filialen und 27.000 Mitarbeiter. 1984 werden Schleckers Kinder entführt. Schlecker handelt das Lösegeld selbst herunter und zahlt.

Der unerbittliche Arbeitgeber: Schlecker gilt als harter Arbeitgeber. Seine Filialen sind mit wenig Personal besetzt, die Gewerkschaften beklagen niedrige Löhne und hohen Druck auf die Mitarbeiter, die oft per Kameras und Leibesvisitationen kontrolliert werden. Schleckerfilialen gelten als leichte Beute für Raubüberfälle, da es kein Alarmsystem gibt. Bereits 1998 muss sich Anton Schlecker erstmals vor Gericht verantworten, weil er seine Angestellten unter Tarif bezahlt. Er wird auf Bewährung verurteilt und muss die Gehälter nachzahlen.

Der Niedergang: Die Billigstrategie von Schlecker hat sich spätestens Anfang des neuen Jahrtausends überlebt. In den Filialen, oft in Randlagen angesiedelt und klein, bleiben die Kunden weg. Sanierungspläne scheitern, auch das Internetgeschäft und Versandhandel bringen keine Rettung. Schlecker muss 2012 Insolvenz anmelden. Fast 50.000 Mitarbeiter im In- und Ausland sind betroffen. Die Bundesregierung verweigert eine Rettung, auch eine Auffanggesellschaft der Länder für die Angestellten scheitert. Programme, die es den Schleckerfrauen ermöglichen sollen, die Filialen in eigener Regie weiterzu­führen, glücken nur teilweise. Der Insolvenzverwalter konnte nur 10 Millionen Euro sicherstellen. Das reicht kaum, um das Insolvenzverfahren zu finanzieren.

Der Prozess: Fünf Jahre ermittelte die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Stuttgart gegen Schlecker. Über 20 Millionen aus seinem Vermögen soll Schlecker mit Hilfe seiner Frau und seiner Kinder auf die Seite gebracht haben. Zudem soll er mit Hilfe ebenfalls angeklagter Buchprüfer falsche Bilanzen vorgelegt haben. Schlecker führte sein Unternehmen als eingetragener Kaufmann, deshalb muss er bei Insolvenz mit seinem gesamten Privatvermögen haften. Anton Schlecker gilt heute auch privat als insolvent.

Benno Stieber