CSU-Politikerin Hasselfeldt über die Union: „Schulz turnt überall rum“

Die CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt über den Hype um den SPD-Kanzlerkandidaten, die Laune der CDU-Kanzlerin und den Zustand der Union.

Zwei Frauen, Gerda Hasselfeldt und Angela Merkel

„Ich habe während der Unionsklausur keinerlei Spannungen erkennen können“: Gerda Hasselfeldt und Angela Merkel Foto: dpa

taz: Frau Hasselfeldt, Sie kennen Angela Merkel gut. Können Sie uns erklären, warum sie bei ihrer Präsentation als gemeinsame Kanzlerkandidatin der Union in München so missmutig geschaut hat?

Gerda Hasselfeldt: Bei der Sitzung zuvor war sie gut gelaunt und hochkonzentriert.

Sind die Spannungen zwischen ihr und Seehofer denn nun ausgeräumt?

Ich habe während der Unionsklausur keinerlei Spannungen erkennen können. Es gab eine große Gemeinsamkeit bei allen politischen Sachfragen. Einzige Ausnahme ist die Obergrenze bei den Flüchtlingszahlen.

Das heißt: Sie gehen gemeinsam in den Wahlkampf – haben eine gemeinsame Regierung aber de facto schon ausgeschlossen.

Das sehe ich nicht so. Bei den Flüchtlingszahlen sind wir uns in der Zielsetzung ja völlig einig: 2015 darf sich nicht wiederholen.

66 Jahre, ist gebürtige Niederbayerin, seit 1969 in der CSU und gehört seit 1987 dem Bundestag an. Dort saßen auch schon ihr Vater und ihr Ehemann, ihr jüngerer Bruder ist noch immer Abgeordneter. Unter Helmut Kohl war Hasselfeldt Bau- und Gesundheitsministerin, später auch Vizepräsidentin des Parlaments. 2011 übernahm sie auf Bitten von Horst Seehofer den Vorsitz der CSU-Landesgruppe im Bundestag.

Es geht aber nicht nur um das Ziel, sondern um das Mittel. Und da sagt Horst Seehofer: Ohne Obergrenze gibt es keine Regierung mit mir. Und Angela Merkel sagt: Mit mir in der Regierung gibt es keine Obergrenze. Das schließt sich irgendwie aus.

Am Ende zählt, was gemeinsam erreicht wird. Und da sind wir bei der Reduzierung der Flüchtlingszahlen, der Integration und der Rückführung abgelehnter Asylbewerber auf einem guten gemeinsamen Weg.

Dissens in der Union gibt es auch über den Umgang mit den Grünen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier war in München ganz erpicht darauf, der Runde von seinen ­guten Regierungserfahrungen in Hessen zu erzählen.

Wir sollten uns darauf konzentrieren, die Wähler von unserer Arbeit, unserer Programmatik und unseren Personen zu überzeugen, und keinen Koalitionswahlkampf führen. Außerdem sind die Unterschiede zu den Grünen so groß, dass sich aktuell jede Debatte erübrigt.

Merkels Herausforderer heißt nun Martin Schulz. Ganz ehrlich: Sigmar Gabriel wäre Ihnen schon lieber gewesen, oder?

Ich halte den Hype um Schulz für eine Momentaufnahme. Der wird sich schnell wieder legen, wenn es um konkrete Antworten geht. Wir brauchen keine Sprücheklopfer. Das reicht für die Position, die er anstrebt, auch nicht aus.

Sie nehmen den SPD-Kandidaten also nicht sonderlich ernst?

Doch, ich nehme jeden ernst. Aber besonders beeindruckt hat er mich bisher nicht. Er ist fleißig, turnt überall rum und redet viel. Aber wenn ich ihn über soziale Gerechtigkeit und hohe Managergehälter reden höre, frage ich mich schon, warum hat er nicht auf seine eigenen Parteifreunde etwa im Fall VW schon Einfluss genommen? Und das, was Schulz auf europäischer Ebene vertreten hat, war auf jeden Fall nicht im deutschen Interesse. Deutsche Steuerzahler zum Beispiel für die Vergemeinschaftung von Schulden blechen zu lassen, ist Politik ­gegen die hart arbeitenden Menschen in Deutschland und mit der Union nicht zu machen.

Jetzt ist die CSU die einzige Bundestagspartei, die noch keinen Spitzenkandidaten hat. Dabei sorgt gerade diese Personalie im Wahlkampf für besonderes Aufsehen.

Wir nehmen zu Recht diese Entscheidung sehr ernst. Sie können beruhigt sein: Sie wird rechtzeitig getroffen.

Sie haben den Posten beim letzten Mal selbst übernommen. Worauf kommt es da an?

Eine starke Bastion im Süden ist wichtig für das Gesamt­ergebnis der Union. Grundlage dafür sind ein klares Konzept, persönliche Glaubwürdigkeit und Verständnis für die Sorgen der Menschen.

Seehofer sagt ja immer, sein Angebot stehe: Wenn eines der CSU-Schwergewichte wie Herrmann oder Söder als Spitzenkandidat nach Berlin gehen wolle, könne er auch den Parteivorsitz haben. Warum will keiner?

Ach, ich wäre mir da nicht so ­sicher.

Warum eigentlich? Wäre es angesichts dieses schwierigen Wahlkampfs keine Option, dass Sie es sich noch mal überlegen und in der Politik bleiben – als CSU-Chefin?

Nein, ich habe für mich entschieden, dass ich nicht mehr kandidiere. Das ist eine ganz persönliche Entscheidung. Nach 30 Jahren im Parlament und dann mit 67 Jahren möchte ich Jüngeren eine Chance geben.

Auch Seehofer ist 67 Jahre alt, seit Jahrzehnten im Parlamentsbetrieb und hat schon mal seinen Rückzug angekündigt.Ich habe das angekündigt, als ich mir sicher war, dass ich auch dabei bleibe.

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