Wegwerfen war gestern: App soll Lebensmittel retten

Ein Startup-Unternehmen bringt in Hamburg die App raus, mit der Kunden übriggebliebene Portionen von Restaurants kaufen können – und will so Geld verdienen

Muss nicht im Müll landen: Eine App vermittelt überflüssiges Essen aus Restaurants Foto: Jens Kaelane/dpa

Bisher war Lebensmittelrettung ein weitgehend nichtkommerzielles Anliegen von umweltbewussten oder sozial engagierten Menschen. In Hamburg gibt es jetzt eine kommerzielle Ergänzung: die „Mealsaver“-App eines Berliner Startup-Unternehmens. Mit der App können Gastronomen ihre übrig gebliebenen Speisen anbieten und damit auch noch ein wenig Geld verdienen. Zwischen ein bis vier Euro kostet eine Mahlzeit. Diese werden in einer biologisch abbaubare Box bereitgestellt und die Nutzer können sie sich dann im ausgewählten Restaurant abholen: Ein Take-Away-Service für Speisen, die eigentlich im Müll landen würden.

„Die Restaurants vom Mitmachen zu überzeugen, war einfach“, sagt die Geschäftsführerin Mai Olesen. In Berlin gibt es die App seit Oktober. Die Anzahl der Gastronomen, die mitmachen, steigt stetig – über 150 sind es dort schon. Ursprünglich entstand die Idee in Dänemark. 120.000 Menschen haben sich dort die App schon heruntergeladen. Im Januar soll die Zahl der teilnehmenden Restaurants in Hamburg auf über 30 steigen, sagt Olesen.

Restaurants und Cafés geben in der App ein, wie viele Portionen Essen übrig sind, wie viel sie kosten und in welchem Zeitfenster sie abgeholt werden können. Mealsaver erhält pro Portion einen Euro. Bestellt und bezahlt wird online.

Rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Laut einer Studie der Universität Stuttgart macht die Gastronomie rund 1,1 Millionen Tonnen davon aus. Das ist nicht nur vermeidbarer Müll, auch der Anbau der weggeworfenen Zutaten war damit sinnlos – ebenso wie der durch den Transport entstandene CO²-Verbrauch.

Bisher wurden die Ansätze, Lebensmittel vor dem Wurf in den Mülleimer zu retten, von unkommerziell orientierten Menschen vorangebracht: Auf Plattformen wie Foodsharing.de organisieren sich die Freiwilligen, aber auch die Tafeln kümmern sich um nicht mehr verwendete Lebensmittel und teilen sie an Bedürftige aus. Immer mehr Unternehmen sehen in der Kultur des Teilens und der Verwertung von nicht mehr benötigten Waren aber Möglichkeiten, Geld zu verdienen.

Dabei besteht die Gefahr, dass die unkommerziellen Angebote verdrängt werden. Bei der „Mealsaver“-App jedoch scheint diese Sorge bislang unbegründet. Denn auch die nichtkommerziellen Lebensmittelretter bei den Tafeln und in der Foodsharing-Szene stören sich nicht an der neuen App. Die Müllberge aus Lebensmitteln sind in der Gastronomie noch so hoch, dass niemand dem anderen etwas wegnimmt. In Berlin wurde durch die „Mealsaver“-App bislang erst etwa eine Tonne Essen vor dem Wegwerfen gerettet.

Für Ralf Taubenheim, dem Geschäftsführer der Hamburger Tafel, ist die neue App keine Konkurrenz: „Aus organisatorischen und logistischen Gründen holen wir in Restaurants und Cafés kein Essen zum Austeilen ab“, sagt er. Hygienevorschriften seien bei zubereiteten Gerichten andere als für Waren aus Supermärkten und Bäckereien. „Außerdem können wir unseren Ehrenamtlichen nicht aufbürden, spät abends noch Essen abzuholen“, sagt Taubenheim.

Für die Tafel ist die neue App keine Konkurrenz

Auch aus Sicht der Foodsharer gibt es keine Bedenken gegenüber der App. „Es gibt sogar schon einen Kooperationsvertrag“, sagt Raphael Fellmer, der die Internetplattform Foodsharing.de mitgegründet hat. Man habe sich in Berlin darauf geeinigt, dass das Startup-Unternehmen Restaurants, die bereits mit den „Foodsharern“ zusammenarbeiten, nicht abwirbt.

„Wir sind sehr froh, dass sie den Kontakt zu uns gesucht haben und offen für unser Anliegen waren“, freut sich Fellmer. Schließlich liege das gemeinsame Ziel in der Müllvermeidung. „Das ist dann einfach ein anderer und ergänzender Ansatz“, sagt Fellmer. Und für Gastronomen sei es eben auch attraktiv. So retteten die Mealsaver die Lebensmittel vor dem Ladenschluss – und die Foodsharer danach.

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