Kolumne Liebeserklärung: Braun

Die Farbe steht schon seit geraumer Zeit dafür, dass etwas nicht klappt. Wie eine Schweizer Schule zeigt: Umdenken ist angebracht.

Eine Sonnenblume

Auch Erde ist braun. Und da kann was wachsen Foto: dpa

Der Schweizer Rektor Marius Ettlinger vergibt in seiner Grundschule statt Noten oder Bemerkungen neuerdings Farben. Und zwar nicht etwa in Form einer aggressiv warnenden Ampel, sondern einer sich entwickelnden Sonnenblume.

So reicht die Farbnotenskala von der braunen Erde über den grünen Stängel und die orangefarbene Frühblüte bis hin zur leuchtend gelben Vollblüte. Braun ist also erst mal unten. Bodensatz. Buchstäblich, farbstäblich Scheiße. Doch so dürfen wir das nicht sehen. Ein Umdenken ist gefragt, eine positive Neubewertung – genau das ist schließlich auch die Idee hinter den kunterbunten Zeugnissen. „Die Farbe Braun steht für ‚Das klappt noch nicht. Ich brauche Hilfe‘ “, sagt Ettlinger.

Dafür steht die Farbe allerdings schon lange: für Menschen, bei denen so einiges nicht klappt, ob im Kopf oder im Leben, und die aufgrund ihrer Einstellung auf die dringende Hilfe von Gegendemonstranten, Judikative und Exekutive angewiesen sind. Die Farbe Braun ist jedoch unschuldig daran. Zwar reklamierten ursprünglich auch die Nazis die Farbe des Heimatbodens für ihre Sache, doch das erweist sich als durchschaubarer Irrtum: Verbrannte Erde ist schwarz.

In Berlin baut ein gelernter Schweißer den größten Hindu-Tempel Deutschlands – seit mehr als neun Jahren. Große Erwartungen treiben uns an. Sie finden sich in jedem Leben, besonders in der Weihnachtszeit. Die taz.am wochenende vom 24./25./26. Dezember widmet sich ihnen. Mit dabei: eine Kunstschätzerin, ein Pfarrer und ein Alleinunterhalter, die über den professionellen Umgang mit Erwartungen reden. Und: der magische Moment, bevor das Überraschungsei ausgepackt wird. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

„Braun steht für die Erde – und aus der kann schließlich was Gutes gedeihen“, belehrt denn der Schweizer Schulmeister mit einer Schafsgeduld die vernagelten Braunfeinde von Spiegel Online. Braun ist fruchtbar, Braun ist Leben, Braun ist schön. Nicht umsonst gilt die moderat gebräunte Haut vielen als attraktiv.

Die neue Rechte ist ja nun auch blau. Mutter Erde, Vater blau – das wird den Farben weitaus gerechter. Das blöde Blau ist nämlich überschätzt. Und vergessen wir nicht den FC St. Pauli, diesen wackeren, linken Club, den einzigen in Deutschland mit braunen Vereinsfarben.

Natürlich fragt man sich, warum irgendwelche Schwaben, die nicht mal die Abseitsregel kennen, sich unbedingt die Pose des St.-Pauli-Fans anziehen müssen, als wäre es ein fancy Tattoo. Aber da können ja weder Club noch Farbe was dafür.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.